Freitag, 8. April 2016

HobbitCon. Oder: Es ist alles Billys schuld!

03.04.2016

Wie konnte es nur soweit kommen? 
Tja, das frage ich mich heute immer noch. Sicherlich liegt es an einem angeborenen Gen, das ich von wem auch immer in die Wiege gelegt bekommen habe. Von meinen Eltern kann es nicht sein, denn die schütteln nur fassungslos den Kopf, wenn sie wieder einmal eine meiner Geschichten zu hören bekommen. Der der Moment an dem ich die finale Feuertaufe erhielt und endlich wusste wo ich hin gehöre, ereignete sich im Jahre 2004. 
Der Tag an dem ich begriff: Ich bin ein Nerd!

Der typische Nerd macht gerne Fotos auf denen er bescheuert aussieht. Naja, gilt jedenfalls für mich...
Na gut. Gleichgesinnte werden sofort den Finger heben und mich korrigieren: Du bist kein Nerd, du bist ein Geek. Für Details am besten mal Googeln. … Wobei… Halt! Ich erinnere mich da an einen Satz aus Wikipedia, den ich hiermit zitiere: Das englische Wort geek (vom mittelniederdeutschen Wort „Geck“[1]) bezeichnete in den Vereinigten Staaten im 19. und frühen 20. Jahrhundert Menschen, die im Rahmen von Sideshows auf Jahrmärkten und in Zirkussen lebendigen Tieren den Kopf abbissen. 
Okay. Schön zu wissen, dass Ozzy Osbourne ebenfalls einer von uns ist, ich beiße in meiner Freizeit allerdings lieber in eine Möhre. 
Aber genug abgeschweift...

In besagtem Jahre 2004 wagte ich mich zum allerersten Mal auf eine dieser Conventions von denen man bisher nur aus den USA gehört hatte. Diverse, klischeebehaftete TV Berichte hatten mich darauf vorbereitet, dass ich auf allerlei seltsame, Akne übersäte, übergewichtige und weltfremde Menschen treffen würde. 
Und doch tat ich diesen Schritt, in ein mir gänzlich unbekanntes Land. All das nur, weil ein Schauspieler Namens Billy Boyd auf der RingCon in Bonn angekündigt worden war. 
Ich hatte den Herrn der Ringe bereits so oft gesehen, dass ich die Dialoge mitsprechen konnte, hatte die Bücher verschlungen und spätestens dann beschlossen, dass Frodo ein Langweiler und der Nebencharakter Peregrin Tuk (Pippin) der viel coolere Hobbit ist. Er war schusselig, schaffte es in jedes, verfügbare Fettnäpfchen zu treten und hatte eine große Leidenschaft: Essen! 
Ich erkannte mich sofort in dieser Figur wieder. 





Pippin



Nachdem ich den ersten Schritt in das Foyer des Maritim Hotels in Bonn gewagt hatte, wurde ich sofort verschlungen von einer Atmosphäre, die sich ganz anders anfühlte als mir im TV prophezeit wurde. Ich tauchte ein in eine vollkommen andere Welt, wurde empfangen von Elben, Auenland Bewohnern, Ringgeistern und mir noch unbekannten Fabelwesen. 
Die Besucher überwältigten mich mit Kostümen, die ich so noch nie live gesehen hatte. Es war nicht ansatzweise zu vergleichen mit den polyesterverklebten Karnevalskostümen, die man einmal im Jahr im verregneten Rheinland präsentiert bekommt. Das hier waren Meisterwerke, die direkt aus dem Film zu kommen schienen. Ich konnte es kaum glauben als ich erfuhr, dass all diese Roben selbst geschneidert/selbst gebastelt waren. Ich sah bildhübsche Elben mit spitzen Ohren und Krieger in glänzenden Rüstungen. Das sollten diese seltsamen Nerds sein über die alle so lästerten? 

Ich schloss die Augen erinnerte mich an diejenigen, die in der normalen Welt da draußen lachend auf die ach so weltfremden Menschen hier drinnen zeigten. In einer Rückblende erinnerte ich mich dann an diese Normalos, wie sie grölend, mit vollgekotzter Plastikperücke und Bierflasche in der Hand, durch den karnevalistischen Stadtkern taumelten. 
Mir dämmerte langsam, dass mir diese so genannte „normale Welt“, irgendwie mehr Angst einjagte als die fantastischen Gestalten im Maritim Hotel. 
Hier war ich also, auf meiner allerersten Convention… und machte alles falsch was man falsch machen konnte. 
Zuerst trampelte ich gedankenverloren auf die prächtige Schleppe einer Elbin, stellte mich gefühlte Dutzend Male falsch an, setzte mich auf einen reservierten Platz und als ich endlich kapiert hatte wie der Convention Alltag so läuft, war der Tag auch schon wieder vorbei. 
Ja, ich trug zwar kein Kostüm, aber ich glaube an dem Tag war ich der beste Peregrin Tuk Cosplayer von allen. 
Aber in keinem Moment wurde ich von irgendjemandem für meine Tollpatschigkeit verurteilt. Alle waren hilfsbereit, erklärten mir wie was funktioniert, wiesen mir den Weg und hielten sofort einen freundlichen Plausch. So aufregend das Ganze auch war, ich fühlte mich wohl. 
Und dann passierte mein Highlight des Tages. 
Bei einem der so genannten Panels, bei denen man den Schauspielern Fragen stellen kann, steht Billy Boyd höchstpersönlich auf der Bühne. Ich sitze in einer der allerletzten Reihen auf der Empore im Hauptsaal des Maritim. Doch auch von hier aus hat man die Möglichkeit, sich per Mikrofon mit dem Stargast zu unterhalten. 
Und ich wage es. 
Ich stehe auf, das Spotlight schwenkt auf mich, alle Köpfe im Saal drehen sich zu mir um, Billy sieht mich an… und ich vergesse was ich fragen wollte. 
Vor lauter Verzweiflung schiebe ich eine alternative Frage nach, die allerdings auf sämtlichen DVD Specials, bereits von vorne bis hinten durchgekaut wurde. Doch Billy antwortet tapfer und ich setze mich mit schlackernden Beinen zurück auf meinen Platz. Aber selbst nach dieser Blamage, werde ich von meiner Sitznachbarin gelobt. „Ich hätte mich das nicht getraut“, sagt sie anerkennend. 
Nun, man könnte meinen, dass ich nach dieser Odysse erst einmal genug von Conventions hatte, doch genau das Gegenteil war der Fall. Zurück draußen in der normalen Welt, verspürte ich plötzlich eine Leere und Verlorenheit, die ich zuvor nie richtig zuordnen konnte. Verschwunden waren die ganzen Menschen, mit denen ich endlich mal über meine nerdigen Leidenschaften quatschen konnte. Ich erlebte meinen ersten Conblues. 
Ich wollte zurück. 
Und das tat ich auch. 

Es folgten unzählige, weitere Conventions. Ich schloss neue Freundschaften, wurde Teil der Familie, erdachte mir selber Cosplays und auf dem Höhepunkt war plötzlich ich es, die vorne auf der Bühne des großen Saals im Maritim stand und das Programm mitgestalten durfte. Ich hielt Vorträge und stand Backstage Seite an Seite mit Schauspielern, Autoren und Lektoren (… vielleicht werde ich davon auch mal berichten). 
Trotzdem ist das Allerschönste an solch einer Convention, einfach wieder Gleichgesinnte zu treffen und zu wissen, dass man hier nicht für seine Leidenschaften verurteilt wird. 

Letztes Wochenende fand dann die allerletzte Hobbit Convention (ein Ableger der RingCon) in Bonn statt. 
Schweren Herzens hatte ich dieses Mal nur ein Tagesticket gekauft. Zu viel um die Ohren, zu viel Stress in der realen Welt. Dieses Mal würde ich zurück zu meinen Wurzeln kommen und wieder dort sitzen, wo ich vor 12 Jahren die langweiligste Frage meines Lebens gestellt hatte. 
Doch dieses Mal würde ich es besser machen.


Billy Boyd steht auf der Bühne. Von hier oben sieht er so klein und unscheinbar aus und doch nimmt sein freundliches Wesen den kompletten Saal ein. Er trägt einen Bart, den hatte er vor 12 Jahren noch nicht. Dafür ist sein Haupthaar lichter geworden und viele graue Strähnen verraten, dass die Zeit auch bei ihm Spuren hinterlassen hat. Es tut so gut dies zu sehen. Hollywood gaukelt uns so viel Perfektionismus vor, doch ich sage euch: Glaubt den Blendern mit ihren Kamerafiltern kein Wort. Auch Schauspieler sind ganz normale Menschen. 
Wobei ich sagen muss… na gut… einige von Ihnen sehen tatsächlich verdammt gut aus. Aber dazu später. 

Auch diesmal wage ich es wieder und trete an das Mikrofon. Doch als das Spotlight auf mich geschwenkt wird, schießt mir erneut das Adrenalin durch den Körper und presst eine unangenehme, heiße Woge durch meine Adern. 
Billy winkt mir zu und witzelt darüber, dass ich so weit weg bin und er mich kaum erkennen kann. Ich sage das Gleiche über ihn.

 „Billy, vor 12 Jahren stand ich genau an dieser Stelle. Damals habe ich eine ziemlich blöde Frage gestellt. Das soll mir nicht nochmal passieren. Daher meine Bitte: Gibt es eine Frage, die du dir schon immer mal bei einem Panel gewünscht hast?“ 
Billy lacht, und seine Finger fahren verlegen durch den graumelierten Bart. 
„Verdammt… mir fällt tatsächlich nichts dergleichen ein“, gesteht er. „Ich kann dir aber sagen welche Frage ich am dämlichsten fand. Das war auf einer Pressekonferenz. Ein französischer Journalist sagte: Hey, du hast ja im ersten Teil vom Herrn der Ringe mitgespielt. Ich habe gesehen, dass du auch im zweiten Teil dabei bist. Welchen Protagonisten spielst du denn dort?“ 
Der Saal lacht. 
Billy verdreht die Augen. „Was für ne blöde Frage“, kichert er. „Glaubt der wir würden in den Rollen rotieren? Klar, beim nächsten Mal spiele ich einfach Aragorn.“ 
Nach einem kurzen Plausch bedanke ich mich, doch bevor ich aus dem Spotlight verschwinde ruft er mir noch zu: „Vielen Dank fürs Kommen. Es ist schön, dich nach all der Zeit wieder dort oben zu sehen.“ 
Worte, die mich in weiche Watte packen und mich sanft zu meinem Sitzplatz tragen. 

Billy Boyd schreibt Autogramme

Die Convention geht von Freitag bis Samstag, doch ich habe nur einen Tag um alles auf zu holen, was andere in drei Tagen erleben können. Die meiste Zeit verbringe ich damit, vollkommen dehydriert von einem Termin zum nächsten zu fetzen. 
Da gibt es Fotosessions, Autogrammstunden, Lesungen, Panels und natürlich will ich alle meine Con Bekanntschaften wenigstens kurz begrüßen. Es ist einfach nicht richtig, jeden dieser mir ans Herz gewachsenen Menschen im Schnelldurchlauf ab zu fertigen. Ich hoffe sie nehmen es mir nicht übel. Andererseits, es sind Con Gänger, wenn die nicht Verständnis dafür haben, wer dann? 

In der Autogrammstunde treffe ich erneut auf Billy, dann mache ich noch ein Foto mit ihm. Zuguterletzt beschließe ich mir noch ein Autogramm von Craig Parker zu holen, einem neuseeländischen Schauspieler, der im Herrn der Ringe nur eine kleine Rolle hatte (Haldir). Doch dieser Mann hat so eine offene und fanfreundliche Art, dass er mich 2004 sofort in seinen Bann gezogen hatte (ja, auch ihn sah ich 2004 zum ersten Mal). 
Craig ist einer der ersten Schauspieler, die ich mag, aber (und jetzt schlagt mich nicht), bis auf den Herrn der Ringe KEINEN EINZIGEN FILM ODER SERIE gesehen habe. (Und dabei hatte er so einige Rollen. U.A. bei NCIS oder eine Hauptrolle in der Serie Spartacus). 
Tatsächlich ist er eher der nette, junge Mann von Nebenan (ok, ich korrigiere mich… das heiße Gerät von Nebenan), den man irgendwie durch Zufall kennengelernt hat. 
Leider quatscht dieses Gerät allerdings auch sehr gerne und sehr lange mit jedem einzelnen Fan, weswegen ich eine Lesung von Bernd das Brot Erfinder (und Ex RTL Samstag Nachtler) Tommy Krappweis verpasse. 
Doch die HobbitCon hat genug Programmpunkte und so erlebe ich ein weiteres Panel von Schauspieler Ryan Gage (Alfrid aus „Der Hobbit“ Trilogie) sowie John Bell („Der Hobbit“, „Doctor Who“). 

"Der Gerät" beim Autogramme schreiben

Ryan Gage, John Bell und Mark Ferguson

Danach betreten Graig Parker, Mark Ferguson und Lori Dungey die Bühne und bieten uns eine Improvisationsshow, die mir tatsächlich vor Lachen die Tränen in die Augen treibt. Weitere Tränen fließen allerdings auch bei der Closing Ceremony bei der ein Fan-Chor zwei Lieder aus den Filmen präsentiert. Dieser Moment beschert mir eine Gänsehaut, die sich auf der Haut sämtlicher anderen, Anwesenden fortsetzt. 

Bevor sich alle verabschieden, zückt Billy Boyd die Gitarre und singt das Lied „The last Goodbye“ aus dem letzten Hobbit Teil. Im Saal kann man eine Stecknadel fallen hören. Es ist vorbei. Die allerletzte HobbitCon schließt ihre Pforten. Ich kann mit Stolz behaupten, dass ich auf jeder HobbitCon war, die in Deutschland stattgefunden hat und sie wird mir fehlen. 
Doch nach der Con ist vor der Con und so hat der Veranstalter für nächstes Jahr bereits eine neue, Fantasy Convention angekündigt und ich bin sicher, das Maritim in Bonn bleibt weiterhin die zweite Heimat von uns Nerds und Geeks. 

Spätestens im Mai, wenn die FedCon ihre Pforten öffnet und uns erneut in eine fremde Welt befördert, bzw. in diesem Fall beamt! ;-)
Ich werde berichten. 

Bis dahin: Stay Professional!

Billy Boyd on Stage

Deutschstunde mit Billy Boyd und Mark Ferguson. "Das ist mein Stuhl!"


Graig Parker, Mark Ferguson und Lori Dungey verdecken Smaugs "Pornobalken"

Fragt nicht...

Oh... wie ist jetzt dieses verwackelte Bild auf meine Kamera gekommen...

Wie schon gesagt... fragt nicht.... Improvisationstheater... 

... oder doch Porno?

Ja. Eindeutig Porno...



Jed Brophy und Mark Hadlow kommen hinzu


Die Zwergendarsteller singen ebenfalls

The last Goodbye...


Unbedingt anschauen! Video, dass über das Wochenende (nicht von mir!!!) zusammengestellt wurde! Ist wirklich toll geworden! 




    

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