Montag, 28. Dezember 2015

Weihnachtsvöllerei. Oder: Wann kommt dieser Rennie endlich aufräumen?

1. Advent:

Der Startschuss ist gefallen. Ab jetzt ist alles erlaubt, ab jetzt zählt man nicht mehr zu den Irren, die bereits im Spätsommer Dominosteine und Lebkuchen über den Grill gehalten haben. Weihnachten ist offiziell eröffnet, genauso wie die Weihnachtsmärkte. 
Und so nimmt das Unheil der Völlerei seinen Lauf. 
Zuerst schleichend und unauffällig, so dass man es noch gar nicht bemerkt. Ist ja noch was hin bis zum 24.12., da kann man ja zwischendurch noch was abtrainieren. Natürlich… ein Märchen der Gebrüder Grimm ist realistischer einzustufen. 
So tapert man also mit den Freunden über besagten Markt und lässt sich von verführerischen Gerüchen einlullen. Da mischt sich Spanferkel mit frischer Waffel, Bratwurst mit Bratapfel und nicht zu vergessen der altbewährte Glühwein. Der is ja nicht so schlimm. Da ist ja kein Fett drin und alles was flüssig ist, macht ja nicht dick… 
So lügt man sich ein gutes Gewissen in die Tasche und lässt selbiges dort auch liegen, als man sich an der nächstbesten Fressbude anstellt. Eine Kleinigkeit muss ja wohl drin sein. Außerdem stehen an der Bude 2.345 Leute an, da muss es ja schmecken. 
Nach nur drei Stunden Wartezeit hält man schließlich endlich irgendetwas, fett triefendes, undefinierbares in den Händen. Schmeckt natürlich abscheulich, da bei einer Taktzeit von Minus einer Minute die Liebe beim Backen doch etwas auf der Strecke bleibt. Dennoch zwängt man sich das Zeug rein. War ja schließlich teuer genug. 
Zum runterspülen schnell nen Glühwein hinterher. Oh, der war aber nicht mehr warm genug, also direkt einen weiteren nachbestellen. War schon besser, aber man will ja auch gerne mal die andere Sorte probieren. 
Damit der Glühwein nicht so alleine ist, tastet man sich zur nächsten Fressbude vor und wird… enttäuscht. Also muss es ein heißer Gewürzwein wieder ausgleichen. 
Zu späterer Stunde findet man sich plötzlich in der Schlange zur ersten Fressbude wieder. Man weiß selber nicht warum, aber man vertraut dem Urteilsvermögen der dreihundert anderen, vollkommen betrunkenen Besucher. Diesmal schmeckt der Fettfladen tatsächlich. Liegt vermutlich daran, dass die Gewürznelken aus dem Glühwein bereits eine weihnachtliche Patina auf der Zungenschleimhaut gebildet haben. 
Irgendwann kehrt einen dann das Sicherheitspersonal vom Gelände. 
Ein kleiner Absacker in der Dönerbude muss aber noch drin sein.

Die erste Weihnachtswoche:

Nach der Eskalation auf dem Weihnachtsmarkt, schwört man sich nie wieder Glühwein zu trinken und sich auch mit dem Essen bis zum Fest zurück zu halten. Da hat man aber die Rechnung nicht mit den lieben Kollegen gemacht, die fleißig das Nudelholz geschwungen und köstliche Plätzchen gebacken haben. Na gut… eins geht ja. Oh… das war aber lecker. Vielleicht noch ein zweites…

Und auch zu Hause lauert das Kalorienmonster. Eigentlich hatte man die vielen Süßigkeiten ja als Füllmasse für den Adventskalender besorgt. Zu dumm, dass in die Törchen ja immer nur ein Schokohäppchen passt, weswegen man jetzt ungefähr das Dreifache übrig hat. Lieber schnell aufessen, bevor es die Kinder sehen, sonst wissen die ja, dass Mama/Papa die Weihnachtsengel sind!

Man selber bekommt natürlich auch einen Adventskalender geschenkt. Der Ehemann hat sich was ganz kreatives ausgedacht und jedes Törchen mit einer XXL Chipstüte gefüllt.

2. Advent:

Nicht nur die zweite Kerze brennt, sondern auch die Speiseröhre. Die ist nämlich etwas überfordert mit fünf Tonnen Schokolade, die man am Nikolausmorgen im Stiefel gefunden hat. Gut, man hätte es sich auch einteilen können, aber da der Magen bereits jetzt die Dehnung eines halb aufgeblasenen Luftballons angenommen hat, hat das Sättigungsgefühl die Kündigung eingereicht.


Gott bewahre! Da ist ja Obst auf dem Teller!


Zweite Weihnachtswoche:

Die sportliche Kollegin mit Kleidergröße zero verteilt ihre Nikolaussüßigkeiten. Das würde sie gar nicht alles essen können. Man ertappt sich dabei, wie man das dünne Püppchen innerlich mit dem Bürostuhl verdrischt. Um diese Wut zu unterdrücken, stopft man sich mit blutunterlaufenen Augen den geschenkten Nougat Weihnachtsmann in den Mund. Schokolade hat ja so beruhigende Eigenschaften.  

An den Abenden der Woche trifft man sich dann mit all den Freunden, die man vor Weihnachten noch einmal sehen und beschenken möchte. Natürlich ist dafür ein Tisch beim besten Jugoslawen der Stadt reserviert worden und man wundert sich, warum man auf einmal den kompletten Balkanteller verdrückt bekommt. Der Ballon im Bauch hat neue Dimensionen angenommen. Als Absacker noch ein bis zehn Glühwein, nächste Woche wird eh stressig, da trainiert man das alles wieder ab.

3. Advent:

Die Personenwaage hat sich verängstigt hinter dem Badezimmerschrank verkrochen.

Beim alljährlichen Weihnachtsbaumschlagen will man zumindest einen Teil der angesammelten Kalorien wieder ab arbeiten, bekommt dann vor Ort aber freundlicherweise ein wunderbares, bereits geschlagenes Exemplar präsentiert. Da kann man ja nicht nein sagen. So einen schön gewachsenen Baum findet man schließlich nicht alle Tage. Der Verkäufer besiegelt das soeben getätigte Geschäft mit einem leckeren Glühwein und Omas selbstgebackenem Christstollen.

Dritte Weihnachtswoche:

Die Kollegen wollen in der Mittagspause auf den Weihnachtsmarkt gehen. Man empfiehlt den Stand mit den Fettfladen und reibt sich die Finger als alle darauf hereinfallen. Dummerweise gibt die Chefin eine Runde aus. Da darf man nicht ablehnen, sonst ist man unten durch.

Der Ballon im Oberbauch ist mittlerweile an seiner Toleranzgrenze angelangt. Um hier letzte Hilfemaßnahmen einzuleiten, bittet man den treuen Wegbegleiter Mr. Rennie um Unterstützung. Doch selbst der ist inzwischen vollkommen überfordert und anstatt auf zu räumen dekoriert er um und beschließt die besten Einrichtungsgegenstände lieber nochmal wieder zu verwerten.

Doch die Woche ist noch nicht beendet. Immerhin steht ja noch die alljährliche Firmenweihnachtsfeier an.

4. Advent:

Man kämpft damit die Alkoholvergiftung aus den Knochen zu bekommen.

Joggen oder irgendwelche gesundheitsfördernden Aktivitäten sind somit also gestorben. Stattdessen hievt man seinen menschlichen Kadaver auf die Couch und stopft sich leise weinend eine Pizza in den Rachen. Das Einzige, was bei einem Kater wirklich hilft.


Vierte Weihnachtswoche:

Der Chef sitzt einem im Meeting gegenüber und wirft entsetzte Blicke über den Besprechungstisch. Liegt vermutlich daran, dass man dort im Trainingsanzug aufgekreuzt ist. Die Vorteile einer Hose mit Gummizug sind schier grenzenlos. 

Man hat die Waage inzwischen hinter dem Schrank hervor gezerrt. Anstatt einer Gewichtsangabe erscheinen auf dem Display die Worte: BITTE TÖTE MICH!


Heiligabend:

Die Waage hat Selbstmord begangen

Die Weihnachtsteller waren ja eigentlich für die Kinder gedacht, aber im Vorbereitungsstress kann man sich ja ruhig mal ein paar Happen zwischendurch gönnen. Die Kinder freuen sich sicherlich auch noch über Walnüsse und die schrumpelige Mandarine.

Der Abend eskaliert dann vollkommen und man frisst sich wie im Wahnsinn bis ins Delirium.


Erster Weihnachtsfeiertag:

Man möchte es der Waage gleich tun und endlich erlöst werden.

Doch noch stehen ein paar Programmpunkte auf der Agenda.

Lecker Frühstücken mit den Übernachtungsgästen, grenzenloser Übergang zum Gänseessen mit Oma und Opa, die natürlich auch noch eine schöne Buttercreme Torte zum Kaffee kredenzen. Und abends möchten die Schwiegereltern nicht vernachlässigt werden. Jede Essensverweigerung wird sofort als persönliche Beleidigung angesehen. Damit das Ganze nicht in Tränen endet, überwindet man sich und lobt den Sauerbraten in höchsten Tönen, während der Magen bereits wegen Überfüllung geschlossen ist. Macht nix. Im Hals kann man so einiges stapeln.

Zweiter Weihnachtsfeiertag:

Das Ende ist nah.

Das überschüssige Fett presst sich inzwischen durch sämtliche Poren im Gesicht.

Doch Onkel und Tante warten doch voller Vorfreude und haben ins beste Restaurant der Stadt eingeladen. Das Blut in den eigenen Arterien ist inzwischen so dick als hätte man einen Kilo Saucenbinder hinzu gemischt.
Man erlebt den Tag nur noch durch einen Fettfilm, der sich auf der Bindehaut gebildet hat.


Der Tag danach:

Es klingelt. Vor der Tür steht Mutti mit einer Palette voller gefüllter Tupperdosen.
„Du, ich hab ja noch so viel vom Weihnachtsessen übrig. Wäre doch schade wenn das verkommt.“

Resteessen… der hinterlistige Tod der Nachweihnachtszeit.

Man schleppt sich auf die Couch und starrt an die Decke. Das war es also. Es ist vollbracht. Nie wieder essen. Nur noch ein allerletztes Minzplätzchen…


In diesem Sinne: 

Stay Professional!


Wer sagt, dass man Alkohol nicht auch in fester Form zu sich nehmen kann, der lügt!