17.03.2020
Liebes Tagebuch,
heute hat mein zweijähriger Sohn seinen ersten Videoanruf von seiner
besten Freundin (ebenfalls zwei Jahre alt) erhalten. Die beiden haben sich glücklich
angelacht und nach der Begrüßung hat er ihr voller Stolz erzählt, dass er gerade
einen Stinker in die Pampers gemacht hat.
Das Gespräch dauerte noch weitere drei
Minuten, danach erklärte ich das Wohnzimmer zur olfaktorischen
Evakuierungszone. Aber die zwei hatten Spaß und das ist die Hauptsache.
Es ist echt super, dass wir heutzutage die Möglichkeit haben uns auf
diesem Weg untereinander auszutauschen. Ja und wie man sieht, selbst die
Kleinsten wissen schon wie es funktioniert. Dennoch ist dieser einfache Zugang
zu den Medien nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch.
Da ich noch in der
Elternzeit bin, habe ich aktuell noch weniger, soziale Kontakte als ohnehin
schon. (Und ob ihr es glaubt oder nicht, auch das überlebt man!)
Natürlich greift man dann vermehrt zu Facebook und Co., um sich wenigstens
ein bisschen austauschen zu können.
Allerdings reißt mich mittlerweile die Flut
von Informationen regelrecht von den Füßen, und zugegebenermaßen, unsere
Bundesregierung latscht zwischen diesem Infomob herum wie ein übergewichtiger
Elefant in einem Porzellanladen voller Tinnef Figürchen.
Erst gestern hatte ich
beschlossen mich jetzt medial etwas zurückzunehmen und mich auf die Pressekonferenzen
zu konzentrieren. Gestern stand die Frau Angela vor der Nation und verkündete
den Shutdown. Da dachte ich „Wow! Endlich mal ne klare Ansage. Sie bedeutet
zwar noch mehr Einschränkung, aber endlich weiß ich woran ich bin!“
Ich hatte damit gerechnet, dass ab heute nur noch Geschäfte, die
relevant für die Grundversorgung sind, geöffnet haben.
Im Laufe des Tages
stellte sich dann aber heraus, dass in meiner Heimatstadt die Leute immer noch
durch geöffnete Klamottenläden bummeln.
Ganz ehrlich, wenn wir einen Laden für
Sportbekleidung als relevant für die Grundversorgung betrachten, dann möchte
ich nicht wissen, wie wir Deutsche in einem Kriegsland wie Syrien auch nur eine
Sekunde überleben würden. Setzten wir auch nur einen Fuß in Städte wie Aleppo, wir
würden sofort heulend zu Staub zerfallen und verdammt, wir hätten es verdient.
Gegen Nachmittag tritt dann NRW’s Armin vor die Presse und verkündet fröhlich
eine nur teilweise Durchsetzung der von Frau Angela vorgestellten Themen vom
Vortag. Durch meinen Kopf schwirrt seitdem nur noch ein einziges Wort. „HÄ???“
Jetzt mal ganz ehrlich: Haben die nicht mehr alle Tassen im Schrank?
Was ist denn das bitte für ein Heckmeck?
Ganz ehrlich liebe Politiker, bei solch
inkonsequentem Handeln braucht ihr euch nicht wundern, wenn ein viel zu großer
Teil der Bevölkerung den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt hat. Nämlich
die, die heute immer noch, trotz tausendfacher Erklärung unter Zuhilfenahme von
Buntstiften, Piktogrammen und Holzhammer, weiterhin in Gruppen, draußen in der
Eisdiele oder im Park rumhängen. Die immer noch dicht gedrängt durch den Supermarkt
schieben um die hundertste Packung Nudeln zu kaufen, die in den sozialen Medien
damit prahlen, dass sie sich die Freiheit nicht nehmen lassen.
Wer sich nicht klar
äußert, der braucht sich nicht zu wundern, wenn jeder etwas anderes versteht.
Man
möchte einfach nur noch laut schreien!
Doch dann merkt man, dass der kleine Sohn
neben einem sitzt und stolz das selbstgemalte Bild präsentiert. Und dann tut man etwas, das man schon längst hätte tun sollen. Man
befolgt die weisen Worte eines Mannes in blauer Latzhose, legt die ganzen sozialen
Medien mal für einen Moment beiseite und drückt auf Abschalten.
In diesem Sinne: Bleibt besonnen, wascht euch die Zehen und bleibt
verdammt nochmal einfach mal zu Hause! 😉
Wenn es so unmöglich ist, mal für eine kurze Zeitspanne keine direkten, sozialen Kontakte zu haben, wieso kommen dann Astronauten lebend zur Erde zurück? |
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