Montag, 22. August 2016

Convention auf Schloss Burg. Oder: Warum Gollum weg muss!



Schloss Burg.
Ein mittelalterliches Bollwerk im bergischen Land.
Geliebtes Wahrzeichen und Folterinstrument für unzählige Kinder.
Warum?
Nun, wer wie ich im bergischen Land aufgewachsen ist, der weiß wovon ich spreche.
Gefühlt jeden zweiten Sonntag ging es zusammen mit Omma und Oppa auf nach Schloss Burch, lecker bergische Waffeln essen und Kaffee aus der Dröppelminna trinken (nein, bei letzterem handelt es sich nicht um ein inkontinentes Hausmädchen, sondern um eine Art historische Kaffeemaschine).
Und so saß man im altbackenen Café, umringt von Eiche Rustikal, schaufelte sich tonnenweise Zucker in den Balg um anschließend durch die langweilige Münzausstellung des schlosseigenen Museums geschoben zu werden… zum gefühlten 3000sten Mal und glaubt mir, es sind keine neuen Münzen dazu gekommen.




Schloss Burg... wobei... was ist es denn nun? Schloss oder Burg? Aber eigentlich hat es ja geschichtlich was mit Berg zu tun... aber ich schweife ab.

Wie gesagt, als Kind war es nicht immer einfach auf Schloss Burg und trotzdem hängt mein Herz an diesem Schuppen. Das ist meine Kindheit, das ist Heimat und Vertrautheit.
Und dann passiert plötzlich etwas Magisches...
Ein Wochenende lang wird die Burg zum Traum für jeden Film und TV Fan. Zum ersten Mal findet hinter den Mauern die Mittelalter und Fantasy Convention statt.
Ich war zuerst sehr, sehr skeptisch. Immer mehr Veranstalter versuchen heutzutage die Fans mit neuen Events für sich zu gewinnen. Doch bei all dem Angebot musste ich oft mit erleben, dass Veranstaltungen im letzten Moment wieder abgesagt wurden.
So stellte sich auch hier die Frage: Würden die angekündigten Stars aus Herr der Ringe, Game of Thrones und Harry Potter wirklich erscheinen?
Ich wartete den ersten Veranstaltungstag ab. Einige Bekannte waren vor Ort, berichteten und das sehr positiv.
Also packte ich am Sonntag meine Freundin ins Auto und bei bestem, bergischen Regenwetter machten wir uns auf nach Mittelerde… äh Hogwards… äh… Solingen Burg.
„Winter is coming!“ oder in diesem Fall eher: „Et räänt!“ (wie man hier im Fachjargon sagt).
Trotz schlechtem Wetter ist die Veranstaltung überaus gut besucht. Überall tummeln sich Fans in wunderschönen Roben und Kostümen aus den jeweiligen Filmen und Serien.

Cosplayer
Die Beamten vom Bundesamt für magische Wesen kontrollieren ob alles rechtens zugeht und keine Drachen gequält werden.


Im Gegensatz zu mancher Convention in irgendeiner lieblosen Messehalle, hat die Veranstaltung auf Schloss Burg ein ganz eigenes Flair. Man ist plötzlich Teil einer fantastischen Gesellschaft in Mitten der echten Schloss Kulisse. Die Stimmung ist gut und bereits jetzt laufen einem die Stars an jeder Ecke über den Weg.
James Cosmo (Game of Thrones) steht ganz relaxt am Würstchenstand, Craig Parker (Herr der Ringe / Spartacus) lässt sich vom Falkner die Greifvögel erklären.

Craig Parker hat nen Vogel...




... der hier anscheinend auch ;-)


... of Currywurst

Zwischendurch gibt es immer wieder Panels bei denen sich die Stars den Fragen der Gäste stellen.
Nur leider ist das die größte Schwachstelle des Events. Als ich im Internet gelesen habe, dass die Panels in der Burgkapelle stattfinden, schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen. In diesen Raum passen gerade mal 30 Leute… und das auch nur wenn Omma vorher keine 3 Waffeln gegessen hat.
Bereits am Samstag zeigt sich, dass dies bei so vielen Gästen einfach nicht funktionieren kann. Zum Glück reagiert der Veranstalter flexibel und verlegt diese Programmpunkte kurzum in das Museum.
Leider stehen dort immer noch einige Vitrinen, die man in der Kürze der Zeit vermutlich nicht verschieben konnte. Und so müssen einige Besucher das Geschehen durch die Ausstellungsstücke hindurch beobachten. Und nein… es sind immer noch keine neuen Münzen dazugekommen!



Auch gibt es weder Mikrofon noch Bühne, so dass die Leute weiter hinten leider fast gar nichts mehr mitbekommen. Wir haben Glück und ergattern noch einen halbwegs guten Stehplatz von dem aus wir das Panel von John Rhys-Davies (Herr der Ringe/Indiana Jones) und Craig Parker mit verfolgen können.
Die beiden sind ein wahnsinnig charmantes Duo und schaffen es, den vollen Saal wirklich gut zu unterhalten.

Anschließend schlendern wir über das Gelände.
Für das Eintrittsgeld bekommt man u. A. noch ein Ritterlager, diverse Verkaufsstände und eine Falknerei zu sehen.
Gegen einen kleinen Obolus kann man einen Greifvogel auf den Arm nehmen (Nein, damit meine ich nicht einen Uhu mit dämlichen Witzen über Klebemittel zu verarschen).
Ich verliebe mich in einen kleinen Kautz. Der ist wenigstens nicht so schwer wie die riesige Eule, die der Mann neben mir auf seinen Unterarm hievt.  

Stolzes (und verdammt großes) Tier

Da ist mir der kleine hier doch schon viel lieber

Als krönenden Abschluss mache ich noch ein Gruppenfoto mit John und Craig. Eigentlich sollte Gollum ebenfalls mit auf das Bild. Eine wirklich nett gemachte Statue, die den Fotohintergrund ausschmücken sollte, allerdings dabei nur im Weg steht. Craig Parker macht daher kurzen Prozess und schiebt den Ärmsten unter Beifall einfach aus dem Bild.

Gruppenfoto (und nein, das in der Mitte ist nicht Gollum!)

Die Stimmung ist wirklich entspannt und man hat zu jedem Zeitpunkt immer genug Zeit, einen kleinen Plausch mit den Stars zu halten.
Genau das hat mich wirklich beeindruckt. Es herrschte eine angenehme, intime Atmosphäre, die man bei größeren Conventions so nicht immer hat. Ich hoffe daher, dass der Veranstalter auch nächstes Jahr wieder etwas Magie in meine Heimat holt.
Ein bisschen umorganisieren was die Räumlichkeiten angeht (vielleicht die Autogrammstunde ins Museum verlegen, dafür die Panels unten in den größeren Raum) und ich bin sicher das Ganze wird ein Selbstläufer.
Es wäre wirklich toll, wenn es bei dieser kleinen, angenehmen Con Größe bleibt. Es muss ja nicht immer höher, schneller, weiter sein.
Und ganz ehrlich: Dieser Moment als Schauspieler John Rhys-Davies über die wunderschöne Location schwärmt, lässt mein Herz aufgehen.
Jep, dat is meine Heimat, mein bergisches Land.
In diesem Sinne:
Stay professional!


Autogrammstunde mit James Cosmo






Seilbahn zum Schloss... äh Burg... also Schloss Burg
Hier wollte ich eigentlich beweisen, dass die Sonne auch mal rausgekommen ist. Und schon rennt mir James Cosmo wieder ins Bild. Frecheit sowas. ;-)



 
Also gut... darauf habt ihr doch nur gewartet!
 
Und darauf auch! Sorry, aber das musste sein! Yummyyyyyy!


Amphi Festival 2016 (Teil 2). Oder: Warum das Beste immer zum Schluss kommt


23.07.2016  Tag 2



Dieser Moment, wenn du auf ein Festival gehst, Rammstein auf der Bühne stehen und du dich verwundert fragst seit wann Frontmann Till Lindemann eine Plauzte hat.
Doch dann verstehst du endlich, dass die Band „Stahlzeit“ so gut covert, dass du den Unterschied zum Original erst gar nicht bemerkt hast.
Aber ganz ehrlich, wenn da tatsächlich Rammstein auf der Bühne gestanden hätten, wäre der kleine Tanzbrunnen nach den ersten 3 Minuten in die Luft geflogen. Doch auch bei Stahlzeit züngeln die Flammen mitunter gefährlich nah an die Bühnendecke.
Aber es gibt keine gerösteten Goths am Spieß und so können nach der Umbaupause Mono Inc. die Bühne betreten.
Während ich dort so gemütlich stehe, erlebe ich zwei kuriose Begegnungen.

 


Da steht plötzlich eine zierliche Frau mit langen, schwarzen Haaren. Ich traue meinen Augen kaum, handelt es sich bei der Dame um niemand anderes als Tarja Turunen, ehemalige Frontfrau der Band Nightwish. Neben ihr ein hoch gewachsener Mann auf dessen Schulter ihr süßer Nachwuchs sitzt, der kleine Kopf mit riesigen Lärmschutzohren bedeckt.
Natürlich krame ich in diesem Moment nicht die Kamera heraus und halte drauf, sondern freue mich, dass die Sängerin von niemandem behelligt wird und einfach auch mal genießen kann.

Als ich weiter über das Gelände schlendere gerate ich aber plötzlich in eine ganz andere Situation. Eine Gruppe Männer steht fröhlich gelaunt beisammen. Einer löst sich aus der Truppe, kommt auf mich zu und drückt mir seine Kamera in die Hand. In gebrochenem Englisch mit osteuropäischem Akzent fragt er mich ob ich ein Foto von ihm machen könne.
Ich vermute, dass er und seine Kumpels ein Erinnerungsbild schießen wollen. Erst als ich durch den Sucher der Kamera blicke, kapiere ich was da vor mir passiert.
Da steht Alex Wesselsky, Sänger der Band Eisbrecher und vielen sicherlich bekannt als Autoexperte „Der Checker“ vom Testosteronkanal DMAX.
Ich würde sagen, so zufällig bin ich tatsächlich noch nie in eine solche Situation gestolpert. Wenn der Typ mich nicht angesprochen hätte, wäre ich an Wesselsky vorbei gelaufen… und ganz ehrlich, diesen Riesen kann man eigentlich nur seeehr schwer übersehen.
Wir flachsen ein bisschen miteinander und als ich ihm sage: „Jetzt müssen wir aber auch ein Foto zusammen machen.“ Antwortet er in seiner charmanten Art, die einer Moderation von Thomas Gottschalk in nichts nachsteht: „Junge Dame, müssen, müssen wir gar nix. Aber wir können gerne.“ Aaah ja.
Mit einem beherzten Griff an meine Hüfte postiert sich der 190 Meter große Hüne (ja, ich habe danach gegoogelt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass es Websiten gibt auf denen man ausschließlich Körpergrößen der Stars erfragen kann)  hinter mir und die Erinnerung wird auf’s Handy gebannt.


Aber es gibt ja auch noch eine offizielle Autogrammstunde. Dort treffe ich auf Peter Heppner, der mich fragt ob ich auf mein Autogramm noch irgendwas Besonderes drauf haben möchte. Mir fällt natürlich auf diese Frage überhaupt nichts ein. Ich hätte ihn vielleicht nach dem Rezept seines Lieblingskuchens fragen sollen, stattdessen sage ich: „Kannst mir ja n Herzchen drauf malen.“ Er lacht, und zeichnet sofort was das Fangirl fordert.
Sympathischer Kerl.

Der Tag schreitet voran und nach dem Auftritt von Tarja Turunen steigt die Aufregung. Auch die Sängerin gibt Autogramme und ich fühle mich plötzlich wieder wie die 16-jährige die das allererste Mal Heavy Metal gepaart mit Operngesang gehört hat und seitdem nur noch eines im Sinn hatte: Selber Sängerin zu werden. Gut, mit der Oper hat es nicht ganz geklappt, mit dem Heavy Metal schon.

Als ich vor die zierliche Person trete sprudelt es förmlich aus mir heraus. Dass sie mein großes Vorbild ist, dass ich wegen ihr Sängerin geworden bin, dass ich dank meiner Bandsuche meinen Ehemann kennengelernt habe, dass ich selber Songtexte schreibe und und und.
Und währenddessen tut Tarja etwas, das ich nicht erwartet hätte. Sie legt den Stift beiseite, schaut mich an und hört mir konzentriert zu. Sie fragt nach was für Musik wir machen, nimmt sich richtig, richtig viel Zeit und dann steht sie auf und nimmt mich ganz fest in den Arm.
Wenn man mir vor 20 Jahren gesagt hätte, dass mir das mal passieren würde, ich wäre vollkommen durchgedreht.
Zum Glück bin ich aber keine 16 mehr und falle nicht in Ohnmacht, sondern gehe mit weichen Knien aber erhobenen Hauptes zurück aufs Festival Gelände.


Inzwischen hat der Headliner die Bühne betreten. „Blutengel“ (oder aber auch „Der Dieter Bohlen der Gothic Szene“ genannt) zieht mal wieder alle Register. Ich beobachte das Geschehen von hinten.
Ich glaube auf der Bühne führen sie gerade ein Theaterstück auf. Es geht um 3 Nonnen, die immer ganz viel beten. Und weil das Beten sooo anstrengend ist, wird denen dabei ganz heiß, weswegen sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen müssen. Ist ja auch ganz schön kräftezehrend diese Beterei. Daher rutscht einer Nonne anschließend auch noch der Becher mit dem Messwein aus der Hand und verteilt sich überall auf ihrem Körper. Ups! Ob die Flecken wieder rausgehen?
Ok. Ich gebe zu, das ist mir doch etwas zu viel Klischee auf einmal. Ich beschließe daher zur zweiten Bühne zu gehen und mir als Alternativprogramm bei „Front Line Assembly“ das Hirn aus dem Kopf zu dreschen.



Impressionen und Bands vom Samstag. Und ja... die Nonnen sind auch dabei (Aber ich sag euch nicht ab welcher Minute! Ätsch!):



24.07.2016  Tag 3

Den letzten Tag gehe ich ganz relaxt an. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite und der Asphaltboden im Tanzbrunnen hat sich zu einer Grillplatte erhitzt. Ich ergattere einen der wenigen Schattenplätze und tanze zusammen mit den anderen Besuchern zu „Suicide Commando“ und „Covenant“. Eigentlich will ich mir auch noch den Headliner „The Editors“ ansehen, beschließe aber vorher noch einmal kurz beim Altmeister Joachim Witt vorbei zu schauen, dessen Auftritt parallel auf der zweiten Bühne stattfindet.
Nur ein bis zwei Songs ansehen, mal schauen wie es so ist.
So war der Plan. 
Und dann kommt es ganz anders...


Da steht dieser Herr, der zwischen jedem Song den größten Blödsinn quatscht („Ich war heute Morgen beim Arzt. Der sagt ich mach es nicht mehr lang, aber ich hab mir gedacht, den Abend heute zieh ich noch durch“)  und reißt mich vollkommen in seinen Bann.
Ich kenne kaum einen Song und doch bekomme ich von jedem eine Gänsehaut.
Die Texte beinhalten so viel Wahrheit, so viel Ironie, so viel Mut und offene Worte. Sie sprechen vom Meer, von Freiheit, von Grenzen die man sich selbst setzt, von Arroganz und Gier. Wahrheiten, die manchmal schmerzen.
Wenn ein Kapitän Schwandt singen könnte, er würde dort mit auf der Bühne stehen.
Und ich bleibe.
Nur noch einen Song… und noch einer… ach, den Song hier nehme ich auch noch mit.
Und dann spielt er „Die Flut“ und selbige breitet sich unaufhaltsam in meinen Augen aus. Für mich eines der epischsten, deutschen Lieder der letzten 20 Jahre.
Die Editors auf der Hauptbühne haben bereits ihr Konzert beendet und ich stehe immer noch hier bei einem Joachim Witt und hoffe dass er weiter spielt.
Und das tut er.
Mit dem berühmten „goldenen Reiter“ beendet er schließlich doch den Abend und ich bin um eine Erfahrung reicher.
Nicht alle Stars der neuen deutschen Welle sind auf die schiefe Bahn geraten und meinen ihren nackten Hintern im Dschungel Big Brother Camp in die Kamera halten zu müssen.
Ein Joachim Witt, live auf der Bühne definitiv empfehlenswert!
In diesem Sinne:
Stay professional!

Impressionen und Bands vom Sonntag:


Und Joachim Witt, nochmal als getrennter Zusammenschnitt, weil ich so fasziniert war. (Man entschuldige die manchmal etwas schlechte Videoqualität, aber wenn ich filme, dann immer von möglichst weit hinten damit ich keinem mit dem Handy vor der Nase herumfuchtel)

 
 



Montag, 8. August 2016

Amphi Festival 2016 (Teil1). Oder: Warum Goths nicht Pogo tanzen können


22.07.2016  Call the Ship to Port

 

Eines vorne weg…

An alle Fenstersimskucker und Kleingartensiedlungsinspekteure, die gerne die Vorurteile an den Flurputzplan nageln,  Goths würden nur auf Friedhöfen rum hängen, Katzen schlachten, mit nackten Brüsten Satan huldigen und kleine Kinder verzehren: ES IST ALLES WAHR!


So, wären wir die auch schon mal los, widmen wir uns jetzt also den interessanten Dingen.

Ende Juli war es wieder soweit. Das Amphi Festival fand im Kölner Tanzbrunnen statt. Schwarz gekleidete Menschen aus ganz Deutschland, Europa und sicherlich noch weiter, ließen sich die Sonne auf die noble Blässe scheinen. Wie fast immer hatte das Festival ein wunderschönes Sommerwochenende ohne Regen erwischt. Gut, die Luftfeuchtigkeit hätte eins zu eins mit dem Tropenhaus im Kölner Zoo mithalten können, aber immerhin roch es besser… meistens jedenfalls.

Kölsches Panorama
 

 Am Freitag ging es für mich bereits am Abend mit dem ersten Event los. „Call the ship to port“ heißt die kurzweilige Flusskreuzfahrt, die uns Goths mit einem schicken Schiffchen über den Rhein in Richtung Bonn transportiert.
Da an diesem Abend zwei meiner absoluten Lieblingsbands (Oomph! und Apoptygma Berzerk) auftreten, konnte ich nicht widerstehen und so stehe ich um 18 Uhr voller Spannung in der Warteschlange am Kölner Rheinufer.

Die MS Rheinenergie. Unser Kutter für den heutigen Abend.

Die Stimmung ist fröhlich, die Sonne scheint und ein Riesenarschloch, das in München meint auf Menschen schießen zu müssen, versucht uns allen den Abend zu verderben.
Ja, es fühlte sich zeitweise so an als hätte mir jemand verdorbenen Pudding in den Magen gekippt.
Ich überlegte tatsächlich ab zu brechen und nach Hause fahren. Nach solchen Ereignissen trotzdem feiern?
Aber das Leben und die Freiheit wegen solcher, nach Aufmerksamkeit gierender Versager ein zu grenzen, sollte für Niemanden von uns eine Option sein. Und genau aus diesem Grund gehe ich hier auch nicht weiter auf diese Sache ein.
Es reicht mir einfach!

Schwarzfahrer

Gegen 20 Uhr legt das Schiff unter tobendem Beifall der Gäste ab. Von der Hohenzollernbrücke aus, winken uns einige Fußgänger irritiert zu. Anscheinend wirken wir auf sie wie eine Trauergemeinde auf LSD.
Bei jeder Brücke grölt die Meute was das Zeug hält, schallt es doch immer so lustig von den Brückenpfeilern zurück.
Ich genieße die Zeit in der Sonne und beobachte den Sonnenuntergang hinter den futuristischen Kranhäusern von Köln.
 
Wohnt Podolski eigentlich immer noch da?

Um 21.10 Uhr steht dann der erste Programmpunkt unter Deck an.
Oomph! betreten die Bühne.
Ok, sofern man das Bühne nennen kann. Würde man eine Pappkartonwand davor stellen, könnte man darauf Kasperle Theater spielen.
Aber ganz ehrlich: Wie geil ist das denn bitte?
Die Lieblingsband so nah vor sich zu haben, das kann man nicht alle Tage erleben.
Ich genieße den Auftritt und versuche zurück zu rechnen wann ich die Jungs zum ersten Mal Live gesehen habe. Als meine Finger dafür nicht mehr ausreichen versuche ich die Wahrheit zu ignorieren, ähnlich wie die ersten grauen Haare auf meinem Kopf.

Oomph! jedenfalls haben sich gut gehalten und präsentieren uns ein buntes… äh… schwarzes Potpourri aller Songs der bisherigen Bandgeschichte. Es macht einfach nur Spaß und hin und wieder wirft mich die hüpfende Menge aus meiner super Position in der dritten Reihe.
Ok… ich glaube man hat versucht Pogo zu tanzen. Aber wir Goths sind für Pogo einfach zu lieb. Da wird die wall of death eher zu einer wall of „oh ich brems lieber schnell ab bevor ich einem weh tu“. Ich mag diese Leute.


Nach Oomph! (Herrgott ja, das Ausrufezeichen gehört zum Namen du dusselige Grammattikprüfung) gönne ich mir eine Pause und ein Kaltgetränk an Deck.
Das Schiff fährt durch ein Meer aus Lichtern der Raffinerien von Wesseling. Es ist als würden hier die größten Weihnachtsbaumketten der Welt produziert. Der Anblick ist so unwirklich und faszinierend, dass ich darüber die Zeit vergesse. Zu spät fällt mir auf, dass in nur wenigen Minuten Apoptygma Berzerk auf der Bühne stehen.
Verdammt!

Dampf und Lichterfabrik

Als ich unter Deck sprinte ist mein toller Platz vorne bereits vergeben. Aber zum Glück ist der Konzertraum nicht wirklich groß, daher habe ich auch in der Mitte hervorragende Sicht.
Dennoch ärgert es mich ein bisschen den Frontmann Stephan Groth nicht direkt vor der Nase zu haben.
Er hat irgendwie etwas von einem manisch depressiven Koalabären. Niedlich oder?
(Ihr braucht euch nicht zu verstellen. Ich kann eure „was zum Henker?!?!?“ Gesichtsausdrücke förmlich spüren)

Hallo hier! Hier! Ich bin hier hinten! Hallooooo!

Als ich das Schiff um Mitternacht wieder verlasse, lege ich mir das neu erworbene Apop-T-Shirt über die Schultern und genieße die laue Sommernacht. Am Rheinufer flanieren Menschen, es riecht nach Shisha, alle genießen das Leben friedlich und gemeinsam unter ein und demselben Sternenhimmel.
Warum kann es nicht immer so sein? Es ist doch so leicht?

Ob die Herrn Groth wohl heimlich da drin transportieren? *Klopf, kopf*



Eine Sache tröstet mich: Vor mir liegen noch zwei weitere Tage Amphi Festival. Und was da so passiert ist, darüber berichte ich beim nächsten Mal.
Bis dahin:

Stay Professional!

 


P.S. Wer schauen möchte was meine Lieblingsbands, deren Namen so klingen als hätte jemand beim Tippen die Tastatur unter Strom gesetzt, an dem Abend so auf die Bühne gebracht haben, hier ein Zusammenschnitt meiner Videos. Hach… ich könnt schon wieder. *seufz*