Montag, 8. August 2016

Amphi Festival 2016 (Teil1). Oder: Warum Goths nicht Pogo tanzen können


22.07.2016  Call the Ship to Port

 

Eines vorne weg…

An alle Fenstersimskucker und Kleingartensiedlungsinspekteure, die gerne die Vorurteile an den Flurputzplan nageln,  Goths würden nur auf Friedhöfen rum hängen, Katzen schlachten, mit nackten Brüsten Satan huldigen und kleine Kinder verzehren: ES IST ALLES WAHR!


So, wären wir die auch schon mal los, widmen wir uns jetzt also den interessanten Dingen.

Ende Juli war es wieder soweit. Das Amphi Festival fand im Kölner Tanzbrunnen statt. Schwarz gekleidete Menschen aus ganz Deutschland, Europa und sicherlich noch weiter, ließen sich die Sonne auf die noble Blässe scheinen. Wie fast immer hatte das Festival ein wunderschönes Sommerwochenende ohne Regen erwischt. Gut, die Luftfeuchtigkeit hätte eins zu eins mit dem Tropenhaus im Kölner Zoo mithalten können, aber immerhin roch es besser… meistens jedenfalls.

Kölsches Panorama
 

 Am Freitag ging es für mich bereits am Abend mit dem ersten Event los. „Call the ship to port“ heißt die kurzweilige Flusskreuzfahrt, die uns Goths mit einem schicken Schiffchen über den Rhein in Richtung Bonn transportiert.
Da an diesem Abend zwei meiner absoluten Lieblingsbands (Oomph! und Apoptygma Berzerk) auftreten, konnte ich nicht widerstehen und so stehe ich um 18 Uhr voller Spannung in der Warteschlange am Kölner Rheinufer.

Die MS Rheinenergie. Unser Kutter für den heutigen Abend.

Die Stimmung ist fröhlich, die Sonne scheint und ein Riesenarschloch, das in München meint auf Menschen schießen zu müssen, versucht uns allen den Abend zu verderben.
Ja, es fühlte sich zeitweise so an als hätte mir jemand verdorbenen Pudding in den Magen gekippt.
Ich überlegte tatsächlich ab zu brechen und nach Hause fahren. Nach solchen Ereignissen trotzdem feiern?
Aber das Leben und die Freiheit wegen solcher, nach Aufmerksamkeit gierender Versager ein zu grenzen, sollte für Niemanden von uns eine Option sein. Und genau aus diesem Grund gehe ich hier auch nicht weiter auf diese Sache ein.
Es reicht mir einfach!

Schwarzfahrer

Gegen 20 Uhr legt das Schiff unter tobendem Beifall der Gäste ab. Von der Hohenzollernbrücke aus, winken uns einige Fußgänger irritiert zu. Anscheinend wirken wir auf sie wie eine Trauergemeinde auf LSD.
Bei jeder Brücke grölt die Meute was das Zeug hält, schallt es doch immer so lustig von den Brückenpfeilern zurück.
Ich genieße die Zeit in der Sonne und beobachte den Sonnenuntergang hinter den futuristischen Kranhäusern von Köln.
 
Wohnt Podolski eigentlich immer noch da?

Um 21.10 Uhr steht dann der erste Programmpunkt unter Deck an.
Oomph! betreten die Bühne.
Ok, sofern man das Bühne nennen kann. Würde man eine Pappkartonwand davor stellen, könnte man darauf Kasperle Theater spielen.
Aber ganz ehrlich: Wie geil ist das denn bitte?
Die Lieblingsband so nah vor sich zu haben, das kann man nicht alle Tage erleben.
Ich genieße den Auftritt und versuche zurück zu rechnen wann ich die Jungs zum ersten Mal Live gesehen habe. Als meine Finger dafür nicht mehr ausreichen versuche ich die Wahrheit zu ignorieren, ähnlich wie die ersten grauen Haare auf meinem Kopf.

Oomph! jedenfalls haben sich gut gehalten und präsentieren uns ein buntes… äh… schwarzes Potpourri aller Songs der bisherigen Bandgeschichte. Es macht einfach nur Spaß und hin und wieder wirft mich die hüpfende Menge aus meiner super Position in der dritten Reihe.
Ok… ich glaube man hat versucht Pogo zu tanzen. Aber wir Goths sind für Pogo einfach zu lieb. Da wird die wall of death eher zu einer wall of „oh ich brems lieber schnell ab bevor ich einem weh tu“. Ich mag diese Leute.


Nach Oomph! (Herrgott ja, das Ausrufezeichen gehört zum Namen du dusselige Grammattikprüfung) gönne ich mir eine Pause und ein Kaltgetränk an Deck.
Das Schiff fährt durch ein Meer aus Lichtern der Raffinerien von Wesseling. Es ist als würden hier die größten Weihnachtsbaumketten der Welt produziert. Der Anblick ist so unwirklich und faszinierend, dass ich darüber die Zeit vergesse. Zu spät fällt mir auf, dass in nur wenigen Minuten Apoptygma Berzerk auf der Bühne stehen.
Verdammt!

Dampf und Lichterfabrik

Als ich unter Deck sprinte ist mein toller Platz vorne bereits vergeben. Aber zum Glück ist der Konzertraum nicht wirklich groß, daher habe ich auch in der Mitte hervorragende Sicht.
Dennoch ärgert es mich ein bisschen den Frontmann Stephan Groth nicht direkt vor der Nase zu haben.
Er hat irgendwie etwas von einem manisch depressiven Koalabären. Niedlich oder?
(Ihr braucht euch nicht zu verstellen. Ich kann eure „was zum Henker?!?!?“ Gesichtsausdrücke förmlich spüren)

Hallo hier! Hier! Ich bin hier hinten! Hallooooo!

Als ich das Schiff um Mitternacht wieder verlasse, lege ich mir das neu erworbene Apop-T-Shirt über die Schultern und genieße die laue Sommernacht. Am Rheinufer flanieren Menschen, es riecht nach Shisha, alle genießen das Leben friedlich und gemeinsam unter ein und demselben Sternenhimmel.
Warum kann es nicht immer so sein? Es ist doch so leicht?

Ob die Herrn Groth wohl heimlich da drin transportieren? *Klopf, kopf*



Eine Sache tröstet mich: Vor mir liegen noch zwei weitere Tage Amphi Festival. Und was da so passiert ist, darüber berichte ich beim nächsten Mal.
Bis dahin:

Stay Professional!

 


P.S. Wer schauen möchte was meine Lieblingsbands, deren Namen so klingen als hätte jemand beim Tippen die Tastatur unter Strom gesetzt, an dem Abend so auf die Bühne gebracht haben, hier ein Zusammenschnitt meiner Videos. Hach… ich könnt schon wieder. *seufz*



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen