15.10.2015
(Kurzes Intervall zum London Trip, aufgrund aktuellem Anlass. Ich war gestern im Kino!)
Ich gebe
zu, eigentlich mag ich Filmreviews nicht so gerne. Ich bin immer der Meinung,
dass sich jeder selber ein Bild machen sollte. Es ist immer eine Frage des
Geschmacks. Manche mögen es halt, wenn Vampire im Sonnenlicht anfangen zu
glitzern, während Andere alleine bei dem Gedanken daran am liebsten mit dem
Gesicht voran in eine Backsteinwand rennen würden. Ich fürchte ich gehöre eher
zur Backstein Fraktion. Ich bin zudem kein großer Fan von Liebesfilmen. Es gibt
nur wenige Filme, die mir in dem Genre das Herz erweichen können.
Von Crimson
Peak hatte ich mir definitiv eine Liebesgeschichte erwartet, diese aber gepaart
mit einem gehörigen Schuss Horror, einer Prise Gothic Ambiente und als
Sahnehäubchen einen Spritzer Erotik. Letztendlich ist Crimson Peak auch genau
diese Mischung, allerdings sind die Zutaten anders abgewogen worden.
Das lecker Sektchen gab's gratis dazu. Das Heft allerdings nicht. Das ist aus UK importiert. |
Ich hätte
es eigentlich schon ahnen müssen als der Streifen in der „Ladies Night“ im
Cinemaxx in Wuppertal anlief. Dennoch, die Tatsache, dass mein
Lieblingsschauspieler Tom Hiddleston in dem Werk mitspielt und das Ganze von
Guillermo del Toro verfilmt worden ist, lies keinerlei Ausrede gelten. Ich
MUSSTE diesen Film sehen und zwar nicht nur ich, sondern auch mein Mann...
Der
allerdings nicht freiwillig, denn ich hatte die fixe Idee den armen Kerl mit
ins Kino zu schleifen, damit ich mich bei den ganzen Horror-Schock Momenten an
ihn krallen konnte.
Zum Glück ist er trotz dem Titel „Ladies Night“ nicht der einzige
Mann im Kino. Im Eintrittspreis enthalten ist eine kleine Flasche Prosecco. Der
Ehemann ist nett, überlässt mir seinen Anteil an der Prickelbrause und legt
sich lieber ein Bier zu.
Im Kinosaal scheint fast die Hälfte der Damen bereits
beschwipst , denn als der Film anfängt quasseln die Ladies immer noch fröhlich
weiter als wäre nichts gewesen. Das erheiterte Geschnatter hört erst auf, als
bereits die dritte Szene über die Leinwand flackert. Gerade noch rechtzeitig um
zu vermeiden, dass ich aufstehe und die quatschenden Damen hinter mir anpampe
mit den Worten: „Mädels! Ich hatte heute einen scheiß Tag im Büro. Mein
einziger Trost ist, dass da gleich einer der geilsten Kerle der Filmgeschichte
über die Leinwand läuft und den Moment will ich genießen! ALSO HALTET ENDLICH
DIE KLAPPE!“
Zum Glück passiert das nicht und als Hiddleston das erste Mal im adretten
Anzug im Rampenlicht erscheint, drückt es mich noch etwas tiefer in den
Kinosessel.
Also Leute, wenn ihr Hiddles Fans seit: Optisch hat der Film mal
wieder absolute Bestnote verdient! Aber ich muss zugeben, nicht nur der
Hauptdarsteller macht etwas in Sachen Optik her. Die Bilder, die del Toro auf
die Leinwand zaubert sind wunderschön, die Kostüme aus der viktorianischen Zeit
atemberaubend. Dennoch, all dies täuscht nicht darüber hinweg, dass das erste
Viertel des Filmes eher einem Jane Austen Liebesroman ähnelt, als einem Horror
Streifen. Die Protagonisten sprechen im geschwollenen Englisch der
viktorianischen Zeit.
Naja, wenn es wenigstens Englisch wäre. Die deutsche Synchronisation
tut hier leider wieder ihr Bestes um die ganze Atmosphäre zu verhageln. Jeder
dieser gestelzten Sätze ist im Deutschen noch einschläfernder und schmerzt in
meinem Gehörgang wie Schmirgelpapier. Aber darüber könnte ich hinweg sehen, wenn
der von Streichinstrumenten überrannte Soundtrack nicht noch eine gehörige
Portion Schmalz auf das eh schon triefende Butterbrot schmieren würde. Und so
wird auch der erste Kuss unserer Protagonisten entsprechend akustisch
untermalt.
Ich blende all das Drumherum aus und konzentriere mich auf die doch
sehr beeindruckende Fähigkeit des Herrn Hiddleston einen Filmkuss in ganz
großes Kino zu verwandeln. Die Szene nimmt mich, das unromantischste Mädchen
der Welt tatsächlich für einen Moment gefangen. Dann fängt meine Sitzreihe auf
einmal an zu wackeln. Als ich mich zur Seite drehe erkenne ich, dass es sich nicht
um ein Erdbeben handelt, sondern um meinen Ehemann, der sich vor Lachen den
Bauch und Mund halten muss.
Uuuund die Romantik zerplatzt wie eine Seifenblase.
Immerhin geschieht jetzt endlich der erste Mord und der ist in der Tat nicht
schlecht gemacht. Del Toro versteht es in Mitten des Kitsches eine ziemlich
fiese Szene zu packen.
Das Problem ist nur, dass ich kurz zuvor erst alle Teile
von Nightmare on Elm Street und als Bonus noch Chucky die Mörderpuppe gesehen
hatte.
Ich fürchte irgendwas stimmt nicht mit mir, denn eine von einem
Massenmörder besessene Puppe niedlich zu finden, klingt irgendwie… seltsam. Somit bin ich diesbezüglich also abgehärtet und vermute, dass
es sich hierbei erst mal um die Vorspeise handelt. Der Hauptgang kommt aber
leider erst einmal nicht. Für mich kommen die Charaktere irgendwie nicht so
richtig in Fahrt. Die Liebesgeschichte hingegen schreitet mir viel zu schnell
voran. Vielleicht ist man in der heutigen Zeit einfach zu sehr verwöhnt von
wirklich gut gemachten Serien in denen die Protagonisten genug Zeit haben sich
in Ruhe zu entwickeln und sich in unsere Herzen zu spielen. Im Film muss man da
halt einfach schneller ran, sonst säßen wir alle jetzt noch im Kino.
Ein
Lichtblick ist für mich Hauptdarstellerin Jessica Chastain, die in der Rolle
der zwielichtigen Lucille Sharpe überzeugt. Natürlich spielt auch der Rest des
Ensembles gut, aber wer diese Schauspieler aus anderen Filmen oder Serien
kennt, weiß dass sie weit hinter ihren Fähigkeiten bleiben. Das liegt meines
Erachtens nicht an ihnen sondern am doch recht einfachen und vor allen Dingen vorhersehbaren
Script. Was mich am allermeisten ärgert ist, dass Regisseur del Toro (ob mit
Absicht oder nur durch Zufall) viel zu sehr der Thematik des Filmes „Das
Geisterschloss“ (The Haunting) von Jan
de Bont aus dem Jahre 1999 aufgreift. Auch dort haben wir ein Herrenhaus mit
verwinkelten, geheimen Räumen, die sich zum Teil sogar optisch mit Crimson Peak
ähneln. Ein faszinierendes Gebäude, das irgendwie zu leben scheint und Geister,
die den Weg weisen. Da hätte ich mir etwas mehr Kreativität erwartet. Andererseits,
diese Attribute haben Geisterschlösser nun mal an sich und das erwartet der
Zuschauer auch. Die gruselige Grundstimmung ist den ganzen Film über präsent
und wird sehr atmosphärisch und konsequent rübergebracht. Das gefällt mir.
Dazwischen wird der Hiddles Fan dann noch mit einer hübschen, erotischen Szene
belohnt, in der der Hauptdarsteller einmal die Rolle tauscht (wohl mit Absicht,
wie man einigen Interviews vorab entnehmen konnte). Normalerweise heißt es bei
solchen Szenen ja immer bei der weiblichen Hauptrolle: Klamotten weg, Titten
raus! Hier nicht! Hier bleibt die Heldin bedeckt und Herr Hiddleston entblößt
bereitwillig sein Hinterteil. Sehr zur Freude der quietschenden Damenreihe
hinter uns.
Ich reiße mich zusammen, damit mein Mann mir nicht die
Scheidungspapiere einreicht.
Überhaupt sind die Frauen in diesem Film das
stärkere Geschlecht. Sir Thomas Sharpe ist eher ein Spielball und ähnelt in
seiner Tragik sehr an „Loki“ aus den Avengers, den Hiddleston bereits brillant
in den Marvel Filmen portraitierte. Und so zeigt er auch in Crimson Peak mehr
als einmal mit einem formvollendeten Hundeblick, dass er Stein (in dem Fall
mein Herz) in Pudding verwandeln kann.
Ein komplett identischer Hundeblick
schaut mich allerdings auch an, als ich mich zur Seite drehe. Diesmal nicht
gespielt sondern mit herzzerreißender Ehrlichkeit. Der Ehemann braucht
eigentlich gar nichts sagen.
Diese gequälten Augen verraten mir: „Bitte, töte
mich! Erlöse mich von dieser Schmonzette. Außerdem ist mein Bier alle.“
Ich
bekomme tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Wenn mir der Film schon zu viel
ist, dann muss er für einen Mann wie ein Trip durch die Hölle sein. Doch der
Gatte hält weiterhin tapfer durch, gefangen in einem dunklen Raum voller
Östrogen gefluteter Damen.
Der Showdown hält dann doch noch so einiges an
blutigen Effekten parat. Man tötet hinterhältig und vor allen Dingen mit Klingen.
Zum Einsatz kommen lange Messer, kurze Messer, mittlere Messer, Hackebeile, Macheten.
Man könnte fast meinen der Film sei in Solingen gedreht worden.
Nun denn, was
kann ich als letztes Resümee von mir geben. Ich gebe zu, in diesem Text liest
sich der Film wie eine reine Katastrophe. ABER, wie ich bereits sagte, ich bin
dafür kein Maßstab. Ich liebe Gothic Filme, wie Tim Burton sie auf die Leinwand
zaubert. Sie haben für mich die richtige Mischung aus Horror, Liebe, Brutalität
und vor allen Dingen Humor (aber auch da scheiden sich die Geister!). Crimson Peak setzt ähnlich auf, allerdings ist die
Mischung anders verteilt und legt den Hauptwert auf die Liebesgeschichte. Es
ist also meines Erachtens kein richtiger Horrorfilm, sondern eher ein
romantisches Gothic-Grusel-Märchen. Und das macht der Film absolut gut!
Wer
diese Symbiose mag, um Himmels Willen: Geht bitte in den Film rein! Es ist genau das was er rüberbringen will und was er absolut richtig macht!
Lasst euch
durch mein Gequatsche nicht abschrecken. Der Film ist wunderbar romantisch und
hat wirklich ein paar tolle Dialoge, die selbst mir eine kleine, wohlige
Gänsehaut verpasst haben. Lasst euch darauf ein, hinterfragt nicht zu sehr und
genießt den Abend. Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Stay
Professional
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