Donnerstag, 27. August 2015

Armes Deutschland heute. Oder: Wie Asylanten uns die Jobs wegnehmen.

27.08.2015
Hier ein schönes Beispiel wie wir Deutschen uns besser untereinander helfen sollten:
In unserer Straße wohnt eine junge, deutsche Familie. Mutter, Vater, zwei aufgeweckte Kinder. Die Eltern gehen einem geregelten Job nach, die Kinder sind höflich und gut erzogen. Sie führen ein vorbildliches, gut bürgerliches Leben.Doch dann passiert das Schreckliche. Ein Hausbrand mitten in der Nacht raubt dem Familienvater alles was er je liebte und für das es sich zu leben lohnte. Das Haus brennt bis auf die Grundmauern ab. Seine Frau und die beiden Kinder werden im Schlaf überrascht und verlieren ihr Leben in der Feuersbrunst. Der Ehemann ist der einzige Überlebende. Er war gerade auf der Nachtschicht. Jetzt steht er zitternd vor den Überresten seines Lebens. Er bricht weinend zusammen. Nachbarn eilen herbei, legen ihm schützend eine Decke über die Schultern. Sie umarmen ihn, trösten ihn und geben ihm halt. „Wir helfen dir! Wir stehen zusammen! Du bist nicht allein.“Einer der Nachbarn hat eine leer stehende Einliegerwohnung und der Vater kann dort erst einmal einziehen. „Bleib so lange wie du möchtest. Ich weiß, dass es dir gerade beschissen geht, aber ich möchte dir helfen. Ich möchte, dass du dich wohl fühlst und dich erholst, bis dein eigenes Leben wieder in die Bahn kommt.“Doch der Vater leidet. Seine Gedanken kommen einfach nicht zur Ruhe und auch nach vielen Monaten ist er noch nicht fähig zu arbeiten. Er gerät in die Berufsunfähigkeit, sein geregeltes Einkommen ist futsch. Doch immer noch helfen Menschen. Familie und Nachbarn legen zusammen, damit er sich ein paar Tage Erholung an der See gönnen kann. „Wir helfen dir! Wir stehen zusammen, auch in schlechten Zeiten. Denn so ist das hier in Deutschland. Wir helfen uns untereinander. Darauf sind wir stolz!“
Ein halbes Jahr später zieht drei Straßen weiter ein junger Mann ein. Er kommt aus Syrien. Seine Familie wurde ermordet. Er hat alles verloren für das er gelebt und geliebt hat. Die Nachbarn ziehen los und werfen mit Steinen nach ihm. Sie sprühen Parolen an seine Notunterkunft, beschimpfen ihn er soll dahin zurück gehen woher er gekommen ist. Und die, die nicht vor seiner Unterkunft stehen und laut Parolen schreien, die sitzen zu Hause und posten diese im Internet.

Merkst du etwas? Du sagst, dass wir den Menschen in Deutschland mehr helfen sollen, aber sobald jemand, der nicht aus deiner „Straße“  kommt Hilfe benötigt, dann bist du nicht mehr bereit dazu.
Weil er kein Deutscher ist! Weil er aus dem Ausland kommt! Und ja… auch wenn du es nicht hören willst: DAS ist nun mal Rassismus.

Sorry, wenn ich mich den vielen Posts der letzten Tage anschließe. Eigentlich hätte ich viel lieber meinen Reiseblog weiter geschrieben, aber das hier liegt mir nun mal so sehr auf dem Herzen, dass es einfach raus muss.
Die letzten Tage und Wochen haben sich über mich gelegt wie zäher Teer. Was ist nur los in diesem Land? Ich erinnere mich noch an die Euphorie zur WM2010. Zu Gast bei Freunden. Ein Motto das wirklich gelebt wurde. Es herrschte ausgelassene Stimmung, man tanzte auf den Straßen, hieß jeden Willkommen, ganz besonders die Gäste aus dem Ausland. Endlich konnte man die Fahne der BRD wieder ohne Reue schwenken. Und ja, ich habe das auch getan. Das war ein Land in dem ich leben will. Heute weiß ich, dass das alles geheuchelt war. Heute weiß ich: Die Gäste waren willkommen, weil sie Geld mitgebracht haben! Zu Gast bei Freunden… Freunde, die einen eiskalt zum Teufel jagen, wenn es einem schlecht geht. Gut, ich gebe zu, ich könnte jetzt auch so strikte Worte raus knallen wie die Herren Schweiger, Joko, Klaas und Co. Die Menschen, die Steine auf  Menschen aus dem Ausland werfen oder auf deren Kinder urinieren haben es auch nicht anders verdient. Denn diese Leute sind der Abschaum der Menschheit. Mit denen kann man leider auch nicht diskutieren, die würden diesen Text hier auch keine zwei Zeilen lang lesen. Daher gehe ich auf diese Gestalten auch gar nicht weiter ein.Wen ich meine sind die Leute, die gerade mit einem Bein in der rechten Szene stecken, ohne es vielleicht wirklich wahr zu nehmen oder zu verstehen. Die, die sofort als Nazi beschimpft werden und dies überhaupt nicht nachvollziehen können. Die hilfsbereiten Nachbarn aus dem Beitrag oben, sie machen sich Sorgen um ihre Mitmenschen. Sie würden niemals ein Asylantenwohnheim in Brandt setzen und ja, das glaube ich ihnen sogar aufs Wort. Aber dennoch teilen sie die Sprüche, die von rechtsradikalen Gruppen in die Welt gekippt werden ohne Wenn und Aber. Sie hinterfragen die Dinge nicht einmal. Wie oft habe ich jetzt schon gesehen, dass Leute den Spruch gepostet haben: „Ich muss Flaschen sammeln gehen, aber die Asylanten haben ein Smartphone!“ Sie rechtfertigen diesen Post damit, dass man doch erst mal den eigenen Landsleuten helfen soll. Sagen aber, dass sie kein Nazi sind, sondern ein Recht darauf haben ihre Meinung zu sagen. Wenn man aber mal dem Link zum Originalpost folgt, dann landet man plötzlich auf einer Webseite von einer verbotenen, rechtsradikalen Gruppierung. Der besorgte Deutsche hat ohne darüber nach zu denken diese rechte Gruppe gestärkt. Für die Brandsätze auf Asylantenwohnheime hat er den Brandbeschleuniger geliefert, aber er merkt es nicht einmal. Er wundert sich warum ein Ausländer einen Job bekommt, er selber aber nicht. Ich arbeite schon lange in der Industrie und weiß, dass potentielle Arbeitgeber sich die Bewerber im sozialen Netz genau ansehen. Stellt euch vor dieser potentielle Arbeitgeber verfolgt genauso wie ich den Link nach. Und dann wundert man sich warum man als Bewerber auf einmal abgelehnt wird? Ja, Ausländer nehmen uns den Job weg, aber nur, weil manche Leute sich durch ihren Hass selber ins Abseits befördern. Glaubt ihr wirklich eine Firma kann es sich erlauben einen schlecht ausgebildeten Ausländer einem gut ausgebildetem Deutschen vor zu ziehen? Sorry, aber die freie Marktwirtschaft ist kein Wohlfahrtsverein. Wenn euch jemand den Job weg nimmt, so wie ihr es immer formuliert, dann liegt es daran, dass er besser ausgebildet ist als ihr! Ich habe mich schon oft beworben und bin dann leider durch das Raster gefallen. Ich hätte jetzt alle Mitbewerber beschimpfen und bespucken können, aber stattdessen habe ich mich auf den Hosenboden gesetzt und gelernt. Mich weiter gebildet, mich engagiert, Kontakte geknüpft. Nur so kommt man im Leben weiter. Nicht indem man zu Hause sitzt und frustriertes Gemeckere im Internet verbreitet. Solche demotivierten Leute braucht kein Arbeitgeber der Welt. Es gibt so viele, die heutzutage diese Sprüche im Internet posten. Ihr steckt so viel Energie darein die ärmsten der Armen noch mehr nieder zu trampeln. Warum steckt ihr diese Energie nicht in genau das Gegenteil. Ja, ihr dürft eure Meinung kundtun! Die große Meinungsfreiheit über die ihr immer redet! Tut es! Geht auf die Straße, geht demonstrieren! Gründet Facebook Gruppen und steht auf FÜR die Dinge, die ihr ändern wollt. Sagt der Regierung, dass die Rente aufgestockt werden muss, damit Altersarmut in Zukunft der Geschichte angehört. Protestiert für mehr Hilfe bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit, erhebt eure Stimme für ein besseres Bildungssystem! Es gibt so viel was ihr tun könnt. Warum aber brüllt ihr stattdessen auf hilfesuchende Menschen ein, die daran nichts ändern können? So werden sich unsere Gesetze niemals ändern. Denn wie ihr bereits im Netz merkt: Dann schaltet auch die andere Seite auf stur und ihr bekommt schäbige Kommentare zurück an den Kopf geworfen. Und für die, die befürchten, dass der Terrorismus durch zu viel Asylanten steigen wird, der überlege sich mal folgendes: Ein Flüchtling der alles verloren hat und dessen letzte Hoffnung Europa ist, der wird an seinem Zufluchtsort auch noch nieder gemacht und gedemütigt. Was denkt der sich wohl? Verdammt… dieses Europa ist überheblich und stellt sich über andere Länder in denen Krieg herrscht. Ich fürchte die Terroristen von der ISIS, Boko Haram etc. haben wohl doch recht. Vielleicht ist das wofür sie in meinem Heimatland kämpfen doch nicht so falsch. Ich spüre es ja gerade am eigenen Leib. Herzlichen Glückwunsch. Ihr habt soeben ein paar neue Terroristen geschaffen!
Also, geht einfach noch mal in euch, kramt mal ganz ganz tief in eurem Herzen und überlegt ob ihr wirklich solch ein Mensch seid. Ich kann und will das nicht glauben. Lasst uns hilfsbedürftigen Menschen helfen, ihnen zeigen, dass es auch das Gute auf der Welt gibt und dass es sich lohnt sich dafür stark zu machen um ein freies Leben, leben zu können. Viele Asylanten werden in Deutschland bleiben, sich integrieren und unser Land mit Kultur bereichern. Aber die meisten werden in ihre Heimat zurück kehren, sobald dort wieder Frieden herrscht. Denn das Herz hängt immer an der Heimat und an der Familie. Auch wenn sie durch den Krieg nicht mehr die ist, die sie mal war. Und all die anderen, die bereits aktiv etwas tun, die ihre Stimme im Netz erheben, die sich für Hilfesuchende Menschen egal welcher Hautfarbe einsetzen: DANKE (hoch eine Mio.)! Lasst euch nicht unterkriegen. Macht weiter! Erhebt eure Stimme!

WIR sind Deutschland! Ein Land auf das ich endlich wieder stolz sein möchte! <3

#BloggerFuerFluechtlinge

Montag, 24. August 2015

20.000 Meilen unter dem Meer. Oder: Es ist nicht alles fett was glänzt!

10.08.2015 Teil 2:

Ich bin eigentlich ein sehr toleranter Mensch. Nur wenn es um Laktose geht, scheine ich ab und zu gegen meine Prinzipien zu verstoßen. Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass der verlockende Oreo Shake aus zwei Päckchen Schlagsahne, verquirlt mit 15 schwarzen Cremekeksen bestand. Diese heimtückisch, komprimierte Mixtur hätte wahrscheinlich jeden Magen lahmgelegt, der nicht vorher mit Klarlack ausgegossen wurde. Wieso denkt man eigentlich immer, dass flüssiges automatisch weniger ungesund ist? Man käme nie auf die Idee 12 Stückchen Würfelzucker zu essen. Eine Dose Cola kippt man aber dennoch einfach so herunter. Ähnlich verhält es sich mit meinem Shake. Ein Pfund Butter wäre bekömmlicher gewesen, aber so etwas isst man ja nicht.  Aber er hat doch sooo gut geschmeckt.

Und jetzt? Jetzt sitze ich im Eurostar Zug auf dem Weg von Brüssel nach London und habe das Gefühl mein Magen explodiert. Immerhin, auch im Eurostar darf ich den Luxus der ersten Klasse genießen. Ok, ich gebe zu, die Inneneinrichtung des Zuges sieht aus als stamme sie original aus den 80er Jahren, und der Kopfstützenbezug meines Sitzes wurde von seinem Vornutzer netterweise sorgfältig eingeölt. Aber: Auch hier habe ich einen Einzelplatz und darüber bin ich jetzt sehr, sehr froh. Ich nehme eine fötale Stellung an und lehne meinen Kopf an die Fensterscheibe. Atmen… gaaaanz tief ein und auuuus aaatmen. Ich versuche mich voll und ganz auf  diese einfache Sache zu konzentrieren, doch etwas irritiert mich:
Zwei Plätze neben mir sitzt ein Belgier. Ich schätze er steht kurz vor der Rente. Rein optisch irgendwo zwischen Woodstock und Route66 hängen geblieben. Graue Haare, kombiniert mit einem Gummiband, das verzweifelt versucht dünne Strähnen in Form eines Zopfes beisammen zu halten.
Eigentlich mag ich ja unkonventionelle Typen, aber muss dieser denn ausgerechnet jetzt ohne Punkt und Komma mit seiner Begleiterin quatschen? Das Schlimme ist eigentlich nicht die Lautstärke. Vielmehr ist es die Reaktion, die dadurch in meinem Kopf ausgelöst wird. Belgisch ist eine Sprache, die das deutsche Gehirn für kurze Zeit versteht. Dann kommt es aber urplötzlich vom Weg ab, so dass man ruckartig hochschreckt, weil man denkt man erleide gerade einen Schlaganfall. Nicht so wie das niedliche Gesäusel eines Niederländers, dem ich für meinen Teil stundenlang zuhören könnte. Nein, der Belgier klingt in der einen Minute wie ein stark angetrunkenes, Kölner Urgestein, und mutiert in der nächsten zum Ureinwohner eines noch unentdeckten Kontinentes. Just in dem Moment als ich mich damit abgefunden habe nichts mehr zu verstehen, tauchen plötzlich wieder klare, zusammenhängende Sätze auf. Ergo: Mein Kopf  befindet sich in Daueranspannung.

Des Rätsels Lösung kommt in Form meines Smartphones daher. Kopfhörer aufsetzen und das Umfeld ausblenden. Während ich den vertrauten Klängen von Muse lausche, entspannen sich nicht nur meine Synapsen sondern auch mein Magen. Ich gleite auf einer weichen Wolke aus sphärischen Klängen daher, bis mir irgendjemand  mit einer gusseiserne Tuba auf den Kopf drischt.  Ich schnelle nach oben und stelle fest, dass es sich nicht um ein Musikinstrument handelt, sondern um den Essenstrolley, den der charmante Zugbegleiter zielsicher gegen die schlafenden Gäste manövriert.
„Madame, we are serving lunch now.“, säuselt er in plakativem Frenglisch.
“Hä?” Ich brauche eine Weile bis ich begreife, dass ich immer noch in einem Zug sitze und der galant, aufdringliche Herr neben mir kein Flugbegleiter ist. Verdammt im Eurostar bekommt man in der ersten Klasse Essen serviert? Ich meine, so richtiges Essen? Nicht nur ein paar verschweißte Süßwaren aus Ostasien? Mist! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir den Shake gespart. Allerdings… als der junge Mann mit etwas das nach Pansen aussieht vor meiner Nase herumfuchtelt, vergeht mir der Appetit. Ich bin mir sicher, das "Coq au Magenschleimhaut" wird der meinen überhaupt nicht gut tun, und lehne dankend ab. Die kostenlose Wasserflasche sacke ich mir dennoch ein. Kann nicht schaden. Der Belgier nebenan nimmt dankend an und auch bei der Weinauswahl greift er beherzt zu. Mein Magen findet das alles allerdings gar nicht lustig und beschließt mit doppelter Kraft die Muskeln spielen zu lassen. Wenn es etwas Schlimmeres gibt als auf einem versifften Discoklo zu pinkeln, dann ist es mit Magenfaxen eine Zugtoilette aufsuchen zu müssen. Wenn man es denn überhaupt bis dahin schafft… denn der Weg zum WC wird mir erbarmungslos vom Trolley versperrt. Keine Chance auch nur auf zu stehen. Der Zugbegleiter hat meine Ablehnung des Essens wohl mit „Klar, stell deinen ganzen Kram einfach mal für 30 Minuten neben meinem Platz ab!“, verwechselt.

Aaaaatmen… gaaaanz tieeef einaaatmen!
Plötzlich wird es dunkel. Ich befürchte eine herannahende Ohnmacht, merke dann aber, dass wir soeben in den Eurotunnel gefahren sind. Na wunderbar. Ich werde Kilometer unter der Nordsee, kläglich an einem Sahneshake verrecken. Mein Blick wandert zur Seite. Wenn ich mich jetzt in den Trolley übergebe, fällt das bestimmt niemandem auf. Nein, das kann ich den Mitreisenden nicht antun. Der Belgier ordert schon Nachschlag. Den bekommt er in Form einer Bierdose.
Ich setze meine Kopfhörer auf und versuche mich wieder auf die Musik zu konzentrieren. Ganz langsam löst sich meine Anspannung. Der Speichelfluss in meinem Mund hört auf, ich kann mich wieder gerade hin setzen. Ich entspanne, falle in einen See aus zarter Seide, der mich wie Balsam einhüllt…, dann zieht jemand den Stöpsel und ich falle auf den harten Meeresgrund. Der Trolley poltert zur Seite. Vor mir taucht das Gesicht des Zugführers auf. Seine Hände wedeln mit einer Kaffekanne.  Er sagt etwas, aber ich verstehe kein Wort. Ich rupfe die Kopfhörer aus meinen Ohren und merke dann, dass ich auch ohne Worte das Szenario hätte deuten können.
„Do you want some Coffee?“
„NEIN!!! VERDAMMT NOCHMAL NEIN! ABER I WANT ENDLICH MY F…ING RUHE!”, denke ich.
„No thank you.“, sage ich. Neben mir öffnet der Belgier zischend die nächste Bierdose. Er zelebriert diesen Moment des Triumphes mit einem höchstzufriedenen Rülpsen.Ich sehe mich empört um, doch keiner der Mitreisenden reagiert. Vielleicht gehört das in Belgien ja zum guten Ton. Einem sehr tiefen Ton,  mit geruchlicher Beilage aus halb verdauter Salami.  Ich seufze und lasse mich zurück in den Sitz fallen. Als ich unbedarft meine Beine ausstrecke, wird mein rechter Fuß vom weiter rollenden Trolley überfahren. Dem Zugbegleiter fällt es nicht auf und ich habe noch nicht einmal einen Grund mich zu beschweren, denn endlich wurden meine Magenschmerzen von einem anderen Leid abgelöst. Aber das ist ok, denn immerhin muss ich mich damit nicht zum Klo schleppen.

Als wir den Tunnel verlassen hat der Shake allein durch meine Atemtechnik kapituliert und mir geht es wesentlich besser. In weniger als einer Stunde werde ich in London ankommen. Dann heißt es: Beine in die Hand nehmen, denn noch am gleichen Abend steht der erste Theaterbesuch an.

Was nach meiner Ankunft passierte und ob ich es noch rechtzeitig zur Vorstellung geschafft habe, das erfahrt ihr im nächsten Eintrag.





Stay Professional!

Bitte gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen... mir geht es gut...

Da isser... der EVIL SHAKE!

Montag, 17. August 2015

Ritt durch die Hölle, oder warum man niemals 1. Klasse buchen sollte




10.08.2015, der Tag der Tage auf den ich schon das ganze Jahr hin gefiebert habe. Ja, es geht mal wieder nach London. Also Rentner machen ja ganz gerne jedes Jahr im gleichen Club ihren von A-Z einstudierten Pauschalurlaub.  Da weiß man was man hat, kennt das Essen und vor allen Dingen Murat, den Kellner des Vertrauens, der kümmert sich immer besonders nett.

Bei mir verhält es sich da ja irgendwie auch ein bisschen so. Einmal im Jahr London wär schon ganz nett, wenn es Finanzen und Zeit zulassen. Da weiß ich worauf ich mich einlasse.
Das war es aber dann auch schon mit der Ähnlichkeit zum Club Las Sombreros, oder wie sie alle heißen. In London läuft für mich nie irgendwas nach Plan und jedes Mal werde ich von Überraschungen überrumpelt. Bisher waren sie aber allesamt positiv, weswegen ich einfach nicht genug bekomme von dieser Stadt.
Somit geht es also auch an besagtem Montag wieder mal gen britisches Eiland.
Da Fliegen nicht so unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört (ja, im Notfall geht das auch, aber ich bleibe irgendwie doch lieber mit den Füßen auf dem Boden), lasse ich mich lieber per Zug unter Tonnen von Wasser, sprich der tobenden Nordsee, her transportieren. Ist bestimmt ungefährlicher… *hust*

Meine Reise startet am Kölner Hauptbahnhof. Ich war mutig und hatte in einem Anflug von Größenwahn genau während des Bahnstreiks Tickets bei der DB bestellt. Hätte in die Hose gehen können, aber mein Mut wurde belohnt mit Tickets zu Spottpreisen, da sich zu dieser Zeit niemand getraut hatte. Ich war sogar mal richtig dekadent und hab für nur 10 Euro mehr, erste Klasse reserviert. (Man merkt, die Bahn hatte es zu der Zeit richtig nötig.)
Mit einem Hochgefühl, wie es wahrscheinlich nur Carmen Geiß erlebt, stehe ich am Bahnsteig und warte auf mein Luxustransportmittel. Zuverlässig wie immer trudelt der ICE mit 20 Minuten Verspätung auf Gleis 5 ein.
Als ich in das Abteil einsteigen will stelle ich ernüchtert fest, dass man mir keinen roten Teppich ausrollt. Es ist noch nicht einmal jemand da, der mir das Gepäck schleppt. Dabei hatte ich doch extra ein paar Pflastersteine eingepackt um zu sehen wie viel der Herr Schaffner so hochgedrückt bekommt. Mist.
Zwei ausgerenkte Rückenwirbel später sitze ich dann in meinem Abteil. Ich habe tatsächlich einen Einzelsitz! Wahnsinn! Einen EINZELSITZ!
Ich schwebe vor Freude über den Wolken, stürze aber sofort unsanft ab als ich meine Füße ausstrecke. Ich bin zu klein! Zu klein für diesen verdammten Sitz. Meine Füße erreichen nur knapp die Fußstütze des Vorderplatzes. Ein Traum für jeden 2 Meter Mann. Genau das Gegenteil für eine Person von meiner Statur. Die Füße baumeln in der Luft und innerhalb kürzester Zeit werden mir die Adern von der unbarmherzigen Sitzkante abgedrückt. Na wunderbar. Zwei Stunden Fahrt mit eingeschlafenen Beinen in Dauerschleife.
So langsam wird mir bewusst, dass mir die erste Klasse mit voller Wucht zeigt, dass sie mich nicht haben möchte. Ich bin ein Fremdkörper im Magen des Oberklasse Walfischs und er versucht mich bereits jetzt wieder heraus zu würgen.
Als der Zug anfährt knallt etwas hinter mir. Mein Koffer ist aus dem Gepäckfach gerutscht. Ich versuche es zu ignorieren und tue einfach so als wäre es nicht meiner. Dann bleibt er halt da liegen. Dummerweise reisen mit mir fast ausschließlich Geschäftsleute. Ob es wohl sein könnte, dass einer von denen mit einem riesigen, pinken Koffer mit lustigem, grün getupften Kofferband reist?
Niemand scheint die umgefallene Spielzeugkiste zu stören, also lehne ich mich zurück und beschließe die Fahrt zu genießen.
Da habe ich aber nicht die Rechnung mit meinen Mitreisenden gemacht.
Während es bei meinen bisherigen Fahrten im Holzklassewaggon maximal eine Lärmbelästigung durch übersteuerte Kopfhörer, die Scooter durch das Hirn ihres Trägers blasen kam, ziehen die Geschäftsleute wie auf Kommando ihre Waffen. Sie sind allesamt sehr gut ausgebildete Scharfschützen und ihre Geschütze heißen I-Phone, Samsung und Blackberry.
Sofort bekomme ich die Betriebsgeheimnisse von mindestens 30 Firmen auf einmal mit. Dummerweise kann ich sie im Stimmengewirr nicht brauchbar verwenden. Den Einzigen, den ich verstehe ist der Mann direkt hinter mir. Doch das Gespräch ist wie ein akustischer Unfall. Man will eigentlich weghören, kann aber nicht.
Ausnahmsweise scheint es sich hier wohl um ein privates Gespräch zu handeln. Das erkenne ich recht schnell daran, dass der Part am anderen Ende der Leitung anscheinend ein PC Legastheniker ist.
„Ok, dann schalte mal den PC an. Ja… ja genau… nein, du musst ein bisschen warten… ja… Mensch das dauert halt bis der hochgefahren ist. … … Ja, bis der an ist!“
Es folgt eine kurze Zeit des Schweigens.
Dann: „So, dann nimmst du jetzt mal die Maus und öffnest den Explorer. Unten links in der Startleiste. … Wie da ist keine Startleiste? Natürlich ist da eine Startleiste! Links unten! Du musst da mit der Maus hin gehen… !“
Vor meinen Augen bildet sich eine Szenerie mit einer vollkommen verzweifelten Hausfrau, die sich den ganzen Tag um die Kinder und nichts anderes kümmern muss. PC, das fremde Wesen.
„Unten! Nein unten links! Mit der Maus! … Was meinst du da ist kein Mauszeiger zu sehen? Aber du hast doch eben schon da drauf geklickt? Nein… Explorer! Nicht Word!“
Ich revidiere meine vorherige Annahme und wechsle von der verzweifelten Hausfrau auf die betagte Mutter des Telefonierenden.
„So, genau. Und jetzt klickst du mit der rechten Maustaste. Zwei Mal!… Nein … zwei Mal! Schneller. Nein, du musst schnell klicken! Zwei Mal! Jetzt bleib doch mal ruhig!“
Ok… ich glaube es ist doch eher die Großmutter.
„Und dann geh auf  Datei öffnen. Datei… öffnen. Datei… öffnen. Datei… öffnen…. Datei… öffnen…“  Er wiederholt das so stoisch, dass ich versucht bin ihn mal kräftig an zu stoßen damit die Platte endlich weiter laufen kann.
„Was?“ 
Ich schrecke hoch.
„Wie bist du denn jetzt da drauf gekommen? Nein! Nicht da drauf. Auf die Datei da drunter. Jetzt hör mir doch bitte einmal richtig zu.“
Nein, es kann nicht die Oma sein. Höchstwahrscheinlich ein 4 jähriges Kleinkind, aber die können ja mittlerweile schon besser mit so einem Zeug umgehen als unsereins.
Endlich hat der Mann ein Einsehen und begibt sich aus dem Abteil.
Ich atme auf und lehne mich zurück. Endlich mal ein paar Minuten Ruhe.
Doch diese Idylle wird umgehend gestört durch den Schaffner, der stolz ein exklusives Geschenk der Deutschen Bahn an die elitären Gäste der ersten Klasse verteilt.
Eine mini Tüte Gummibärchen. …
Das Verkehrsunternehmen hat keine Kosten und Mühen gescheut, doch ein Produkt der Marke mit den goldenen Buchstaben wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Somit halte ich jetzt ein sicherlich ebenso schmackhaftes Alternativfabrikat aus Ostasien in den Händen.
Der Schaffner geht weiter durch die Reihen, die Gäste nehmen brav jeder nur ein Tütchen. Sofort schwappt eine knisternde Welle von hinten nach vorne durch den Zug. Sie beginnt hinter mir, dann stimme ich raschelnd mit ein und langsam wälzt sie sich dramatisch anschwellend nach vorne, bis der Schaffner das letzte Päckchen verteilt hat.
Ich bekomme die verdammte Tüte nicht auf! 5 winzig, kleine, künstlich, bunte Gummitierchen grinsen mich frech unter dem Papier an, aber so sehr ich mich auch bemühe, das Zellophan lässt sich nicht auseinander reißen. Sollbruchstelle, Pustekuchen.
Meinen Mitreisenden geht es ähnlich. Die Geräuschkulisse schwillt an und formiert sich zu einem wütenden Rascheltsunami. Der Kampf der Reisenden 300 um die spartanischen Gummitiere wird zur blutigen Schlacht. Meine Fingernägel bohren sich in das Fleisch meiner Finger, ich atme tief ein, ziehe ein letztes Mal und als das Papier mit einem Mal reißt, gibt es kein Halten mehr. Die Gummitiere entspringen ihrem durchsichtigen Gefängnis… .
Langsam wird es ruhiger im Abteil, die Schlacht ist beendet, Verletzte werden verarztet, Tote begraben, in dem Fall im Magen ihrer Schlächter.
Meine Opfer allerdings nicht. Die liegen unter dem Sitz meines Vordermannes.
Mir reicht es. Frustriert lehne ich mich zurück, schließe die Augen und versuche von England zu träumen.
„Genau! Ja, … und jetzt machst du das Fenster wieder zu. Das Fenster! Mit dem X oben in der Ecke. Oben! Oooooben!“
Oh Mann. Hoffentlich sitze ich bald im Eurostar. Aber ob es da besser wird? Dazu komme ich dann im nächsten Eintrag.


Stay Professional!


Sonntag, 16. August 2015

Jetzt haben wir den Salat!

So! Ihr seid es selber schuld! Alles was hier und jetzt auf dieser Seite passiert ist alleine auf eurem Mist gewachsen. Wenn hier irgendetwas außer Kontrolle gerät werde ich euch höchstpersönlich zur Verantwortung ziehen! Ja ihr, all ihr, die mich angespornt und angestachelt habt: "Bitte, bitte, schreib doch mal nen Blog!" "Du musst echt unbedingt nen Blog machen!" "Hast du schon mal darüber nachgedacht einen Blog zu schreiben?"
Jaaaa, hatte ich... ständig, andauernd. Aber dann hab ich mich gefragt: Wen interessiert denn sowas überhaupt? 
Gehe ich euch denn auf dieser Gesichtsseite nicht schon total auf den Senkel?
Naja, und dann viel mir auf meiner letzten London Reise ein, wie gerne ich früher immer Tagebuch geschrieben habe. Ok, ich gebe zu es war eigentlich mehr ein "Alle-6-Wochen-Buch" in das ich im zarten Alter von 14 Jahren während meiner pubertären Schübe seitenweise Herzchen und "I love Richard Dean Anderson" gekrakelt habe..., aber dazu später mehr. Vielleicht... wenn ich mutig genug bin... und genug Alkohol getrunken habe. 
Wie auch immer. Im fortschreitenden Alter fängt man ja leider an so vieles wieder zu vergessen. Was nicht unbedingt mit altersbedingtem Lochfraß im Gehirn zu tun hat, sondern leider viel mehr dem allgegenwärtigem Stress im Alltag verschuldet ist. Im Jahre 2001 habe ich ein Jahr in England gelebt (und ja, ich werde später 1000 prozentig so eine Rentnerin, die ihre Umwelt immer und immer wieder mit dieser Geschichte in den Dämmerschlaf quatschen wird), aber die genauen Erinnerungen an diese Zeit verblassen mehr und mehr. Wie ein verschlafenes Dorf, das von zähen Nebelschwaden langsam eingehüllt wird. Die Gebäude werden verschluckt und es fällt mir inzwischen immer schwerer die Weitsicht zu behalten. Ich konzentriere mich nur noch auf das Wesentliche... den Weg, aber links und rechts sehe ich nichts mehr. Und das schmerzt. Daher dachte ich mir, so ein Blog kann mir sicherlich helfen schöne, lustige und ja auch traurige Erinnerungen etwas besser zu behalten. Damit der hektische Alltag sie nicht auffrisst, wie die grauen Herren aus Momo, die Zeit. 
Somit wird dies hier nicht nur ein Blog für euch, sondern auch für mich. Um die Erinnerungen zu wahren und zu teilen. 
Was ich so alles posten werde? Ich gebe zu, ich habe noch keine Ahnung. Einfach mal schauen was so auf mich zukommt, welche Geschichten mir so zufliegen. Sicherlich werde ich auch einige "alte" Erlebnisse posten um auch diese entsprechend zu konservieren.
Wie oft ich posten werde? Ich sage es ganz offen heraus, denn auch hier: ICH HABE KEINE AHNUNG! Vielleicht täglich, wöchentlich oder alle 6 Wochen? Vielleicht werfe ich auch nach kurzer Zeit das Handtuch. Da lege ich mich nicht fest.
Dennoch: Wer auch immer hier rein liest, dem wünsche ich viel Spaß dabei. Vielleicht findet der ein oder andere sich hier ja auch wieder. Oder aber er denkt ich gehöre dringend in eine psychologische Einrichtung. ;-) 
Egal was kommt, alles wird gut! 
In diesem Sinne!
Enjoy Professional! 

P.S. Das Foto hab ich gemacht. Ich liebe kitschigen Scheiß... gewöhnt euch dran. ;-)