Poetry Slam Text von Kristina Sommer
Und da stehst du nun und schenkst mir diesen Blick.
Und du lachst,
weil ich meine
Freizeit dafür opfere Kostüme zu schneidern. Tage und Wochen voll Arbeit und
Kosten, anstatt etwas Vernünftiges zu
machen, so wie es jeder normale
Mensch tut.
Du sagst:
„Treib doch mal Sport oder besuch einen Kochkurs.“
Du lachst,
weil ich diese
Kostüme zudem auch noch anziehe. Fernab von genormten Festlichkeiten an denen
man als Erwachsener Verkleidung tragen darf.
„Du bist doch
kein Kind mehr“, sagst du und schüttelst den Kopf.
Und du lachst,
über mich und
meine Faulheit, da ich andauernd vor der Glotze sitze und mir Filme anschaue.
„Kein Wunder,
dass du keine Freunde hast“, sagst du und greifst dir an den Kopf.
Du lachst,
weil diese
Serien und Filme illusorisch und kitschig sind. Weil Zeitreisende nicht
existieren und zu viel Fantasy einem den Blick auf die Realität dort draußen
vernebelt.
„Du lebst doch
in deiner eigenen Welt“, erklärst du mir.
Und du lachst,
weil ich meinen
Kopf viel zu oft in Bücher stecke deren Titelbilder Drachenköpfe oder
Raumschiffe zieren. Weil ich sie hüte wie meinen Augapfel und manchmal sogar
mehrfach lese.
„Wenn du so
weiter machst, wirst du irgendwann glauben, dass so was wirklich gibt!“
Du lachst,
weil ich Conventions
besuche, Veranstaltungen wo diese ganzen Spinner hingehen, die niemand in
unserer Gesellschaft mehr ernst nimmt.
„Was soll denn
dein Chef davon halten, wenn er herausfindet wo du dich rumtreibst?“
Du lachst,
weil ich ein
halbes Vermögen in Autogramme oder Fotos investiere, von Stars aus Serien, die
doch kein normaler Mensch kennt.
„Das Geld
könntest du doch wirklich für sinnvollere Dinge ausgeben.“
Und du lachst,
über meine
Kleidung. Dominiert von bedruckten T-Shirts, die kundgeben wofür ich brenne.
Simpel und doch gleichzeitig ein Dorn im Auge des Mainstreams.
„Mach dich doch
mal hübsch und geh lieber mal aus anstatt immer so blass herum zu laufen. Das
ist einfach traurig.“
Traurig…?
Ich sehe dich an…
Und ich lächle:
Weil ich mit
meinen Händen Kostüme erschaffe, die so viel besser aussehen als die
Polyesterware im Karnevalsladen. Weil sie mich stolz machen und mir zeigen, zu
was ich fähig bin.
Ich lächle,
weil diese
Kostüme mitunter viel zu schade sind, um sie von Wildfremden am 11.11.
vollkotzen zu lassen.
Weil sie mir
eine andere Identität geben und dennoch allen zeigen wer ich bin.
Und ich lächle,
weil mir die
bittere Realität auf dieser Welt so verdammt bewusst ist, dass ich es an
manchen Tagen kaum noch aushalte und kurz abtauchen muss. Nur weil man sich hin
und wieder zurückzieht bedeutet das nicht, dass man nicht weiß was vor der
Haustür stattfindet.
Ich lächle,
weil
fantastische Literatur mir so viel mehr gibt.
Für Bücher über
High Performance und Management Targets, verkaufen wir unsere
Seele und erwarten dennoch ein gefülltes Portemonnaie.
Dabei sind es
Sätze wie: „Selbst der Kleinste vermag den Lauf des Schicksals zu verändern“,
die vermitteln was wirklich wichtig ist.
Aber nicht nur
Tolkien hat mit seinen Worten recht. Auch ein berühmter Wissenschaftler sagte
einst:
„Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn
Wissen ist begrenzt“
Bedenke: Die
Tagträumer von heute sind vielleicht die Albert Einsteins von morgen.
Und ich lächle,
- Weil Conventions keine FreakShows sind, wie uns
die Boulevardmagazine weismachen wollen.
-
weil ich einst alleine eincheckte und mit so
vielen wunderbaren, neuen Freunden wieder nach Hause fuhr.
-
weil ich an einem einzigen Wochenende mehr
Menschlichkeit verspüre als in einem ganzen Jahr.
-
weil ich hier immer wieder erlebe, wie die, die
selbst ein Päckchen zu tragen haben, auch noch das des Nebenmanns schultern.
Ohne etwas zu fordern, einfach weil es das Normalste auf der Welt ist.
Aber die Welt sagt, wir sind nicht normal…?
Ich lächle,
weil ich mein
Geld nicht in protzige Autos oder seelenlose Gegenstände investiere, sondern in
besondere Erlebnisse und Momente.
Es ist mir egal
ob es nur Sekunden waren. Die Erinnerung an Benedict Cumberbatchs Hand auf
meiner Schulter wird ein Leben lang überdauern.
Ich lächle,
weil ich so bin
wie ich bin und mein wahres Gesicht nicht hinter Rouge und künstlichen Wimpern verstecke.
Weil sich
niemand in einem schicken Club vorstellen kann, wie viele Glückshormone einer
Party auf der Con ausgeschüttet werden. Und Heidewitzka, ohne Pumps und
Minirock lässt es sich so viel ausgelassener tanzen.
Und ich lächle,
weil mich all
das so wahnsinnig glücklich macht.
Weil es mir so
viel mehr Lebenserfahrung gegeben hat als graue Schulhofmauern.
Weil das
schüchterne Mädchen, das sich damals noch nicht einmal getraut hat im
Restaurant nach der Toilette zu fragen, nun hier auf er Bühne steht und diesen
Text vorliest.
Ich lächle,
und reiche dir
die Hand.
Und ich lade
dich ein. Auf einen kleinen Ausflug in mein Leben.
Du wirst sehen,
es ist gar nicht so schlimm.
Da war ich wohl auch auf einer so genannten Convention. :-) |